Einstellungssache

Ivonne Felsing - Einstellungssache
Von Ivonne Felsing

Ich lebe mein ganzes Leben lang schon in Heilbronn. Aufgewachsen bin ich in der Heilbronner Bahnhofsvorstadt, Multikulti. Bei uns auf dem Spielplatz war alles vertreten: Türken, Italiener, Jugoslawen, Griechen, Portugiesen, Deutsche und auch Mischlinge mit dunkler Hautfarbe, zu denen ich zähle.


Bei uns war der Italiener ein „Itaker“, der Türke ein „Kanake“ der Grieche ein „Knoblauchfresser“ und ein Dunkelhäutiger ein „Neger“, und das war für uns alle ok. Da hat sich niemand diskriminiert gefühlt, oder sogar als rassistisches Schimpfwort aufgefasst, es hat aber auch keiner so gemeint. Bei uns waren diese, nennen wir es mal „Bezeichnungen“ keine Beleidigungen.

Ich kann ganz klar sagen, dass ich bisher noch keine rassistischen Beleidigungen oder ähnliches erfahren habe. Was nicht heißt, dass noch keine dummen Kommentare kamen, aber ich denke, dass ich da vielleicht eine andere Einstellung hab. Ich sehe mich nicht anders und lass mich auch nicht anders als andere sehen.

Zwei von meinen italienischen Freunden nannten mich und meine Freundin, die dunkler ist als ich, mal Vollmilch und Zartbitterschokolade, die Helle und die Dunkle und ich fand und finde es heute noch lustig, weil ich eben die Dinge etwas anders sehe. 

Klar könnte ich mich darüber aufregen und schimpfen, dass dies eine Beleidigung war, dass empfand und empfinde ich aber bis heute nicht so. Oder eine meiner besten Freundinnen nennt mich auch heute noch liebevoll „Schwarzköpfle“ und das ist in Ordnung für mich.

Ein Kollege hat meine Haare mal mit seinen Schamhaaren verglichen, was mich aber nicht sonderlich berührt hat und ich auch nicht meiner ethnischen Herkunft zuschreibe, da es Millionen hellhäutige Menschen mit krausem Haar gibt, sondern vielmehr dem Umstand, dass er im allgemeinen gerne auf, seiner Meinung nach, Fehler seiner Mitmenschen aufmerksam gemacht hat, um von seinem Anderssein, er hatte von Geburt an eine Behinderung an einem Arm, abzulenken. Und so sehe ich das mit dem Verhalten derjenigen, die der Meinung sind, dass Menschen mit anderer ethnischer Herkunft als sie selber schlechter, dümmer, stinkender sind, keine Daseinsberechtigung haben oder was immer sie meinen, aussetzen zu müssen, eigentlich ganz armselige Wesen sind, die mit sich selbst und ihrem Leben unzufrieden sind und nicht klarkommen in der heutigen Welt.

Mir persönlich ist es bums, wer woher kommt, welche Hautfarbe hat oder welcher Religion er angehört und ich lass mich auch nicht wegen meinem Aussehen beleidigen, wie gesagt haben die Beleidiger das Problem mit sich, nicht ich.

Mir ist wichtig, dass das Miteinander passt. In meinem Freundeskreis sind auch heute noch alle Kulturen vertreten und verheiratet bin ich mit einem aus Russland stammenden Mann, also alles wie immer, Multikulti und das ist auch gut so!


„Black Dialogue“ von Awat Nerayo

„Es reicht nicht, einfach nur kein Rassist zu sein“ von Pamela Andrade

„Im Großen und Ganzen habe ich schon ein gutes Leben“ von Kevin Lee Gill

„BLACK IS BEAUTIFUL“ von Busola Oyenubi

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