Von Calvin Bynum
Ich war erst nicht sicher, ob ich mich hier zu diesem Thema äußern sollte. Ich stelle momentan alles in Frage – Freunde, Arbeitskollegen, Menschen. Denn würde mich mein engster Freundeskreis unterstützen, auch wenn es bedeutet, dass unsere Beziehungen darunter leidet? Greift dieses Magazin gerade nur einen Trend auf oder wird hier wirklich verstanden, wie einschneidend dieses Thema ist?
Ich möchte nicht so denken. Ich möchte diese Chance nutzen, um mich selbst besser zu verstehen. In manchen Augen existiert Rassismus nicht. Ein blinder Fleck, der nicht sichtbar macht, dass er inmitten unserer Gesellschaft stattfindet. Wieso auch? Wenn man nicht persönlich betroffen ist, ist es auch kein Problem.
„Ach, jetzt hab dich nicht so“ oder „Übertreib mal nicht“ sind oft Kommentare die folgen, wenn zum Beispiel bei einer Geburtstagsfeier dieses Thema fällt und man sich dagegen äußert. Ich hab mich inzwischen damit abgefunden, stehe dann nicht einfach auf und gehe, sondern versuche meinem Schmerz Raum, aber vor allem dem Problem ein Gesicht zu geben.
Bild: © Katsu Naito: “Once in Harlem”, TBW Books (2017). ISBN 978-1-942953-32-6
Um in den Köpfen eine Veränderung des Blickwinkels zu schaffen, braucht es die Fähigkeit, sich in die Haut (-farbe) des anderen zu versetzen, um zu verstehen, wie er oder sie sich dabei fühlt.
Ich weiß, es ist mühsam sich die schlimmen Videos anzuschauen. Es kostet Kraft sich Artikel über systematischen Rassismus durchzulesen. Aber es ist wichtig zu verstehen, dass es Menschen gibt, die diesem Problem täglich ausgesetzt sind. Versuche dich hineinzuversetzen und frage dich, ob du das für dich selbst oder deine Kinder haben möchtest. Die Antwort kennen wir alle. Nur sind wir auch so ehrlich zu uns selbst und wollen besser als das sein? Ist man bereit, Teil der Lösung zu sein und würde man zuhören?
Während ich schreibe, merke ich selbst immer wieder, wie zerrissen ich bin. Ich hab mich in meinem Leben weder schwarz noch weiß gefühlt. Es war nie ein derartiges Thema für mich. Ich kann keine besonderen Stories auspacken, die meinen Leidensweg beschreiben, außer der gewohnten Klischees, bei denen man sich eher wegduckt als was dazu zu sagen. Gerade weil ich nicht schwarz genug bin, um als „cool“ zu gelten und nicht genug weiß, um im Job vorneweg nicht als „faul“ eingestuft zu werden. „Ist ja klar, du hast Musik im Blut“ oder „Könnt ihr nicht alle singen und tanzen“.
Oft habe ich mich nicht getraut zu sagen, wie ich mich dabei fühle, weil ich nicht wusste, was ich bin und wie mich andere sehen.
Doch das beginnt sich zu ändern. Und das ist wichtig.
Bild & Titelbild: © Blood Orange: “Dark & Handsome” (feat. Toro-y-moi), Domino Recording Co (2019)
Ich hab mich noch nie so schwarz gefühlt, wie in diesem Moment. Es sollte mich stolz machen. Es sollte jeden stolz machen. Tut es aber nicht. Es tut weh. Denn ich will an meinen Leistungen gemessen werden und nicht an meiner Hautfarbe.
Vielleicht fangen wir an, uns nicht immer ins Wort zu fallen, weil wir meinen es zu wissen, sondern hören einfach zu.
„Einstellungssache“ von Ivonne Felsing
„Black Dialogue“ von Awat Nerayo
„Es reicht nicht, einfach nur kein Rassist zu sein“ von Pamela Andrade
„Im Großen und Ganzen habe ich schon ein gutes Leben“ von Kevin Lee Gill
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