Matthias Kilian über das neue Soliticket der Maschinenfabrik
Kultur muss für alle zugänglich sein – mit diesem Gedanken hat die Maschinenfabrik im Oktober ein Soliticket eingeführt. Wer selbst etwas Kohle übrig hat, kann ab jetzt freiwillig einen höheren Ticketpreis zahlen. Das dadurch eingenommene Geld landet in einem Topf, aus dem das Kulturzentrum den Eintritt für bedürftige Personen finanziert. Mehr über das Konzept hat uns Matthias Kilian von der Maschinenfabrik erzählt.
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Kultur für alle
Wie ist die Idee zu eurem Soliticket entstanden?
Wir sind als freies Kulturzentrum von Anfang an bemüht, unsere Eintrittspreise möglichst günstig zu halten, um so generell möglichst allen die Teilhabe an Kultur zu ermöglichen. Manchmal erreichen uns trotzdem Nachfragen, ob ein vergünstigter Eintritt möglich wäre, da das Geld gerade nicht reicht. Gleichzeitig sind wir auf die Einnahmen aus dem Eintritt angewiesen, da ein Kulturzentrum sonst langfristig wirtschaftlich nicht tragbar ist. Corona, Inflation und Anstieg der Energiepreise treffen ja auch uns. Trotzdem ist es uns wichtig, dass alle, die bei uns Kultur erleben wollen, dies auch können. Aus diesem Dilemma heraus ist die Idee fürs Soli-Ticket entstanden: Wer gerade genug Geld hat, kann ganz unkompliziert und freiwillig den Eintritt für Personen mitfinanzieren, die gerade nicht genug Geld haben.
An wen richtet sich das Konzept? Habt ihr eine bestimmte Zielgruppe im Auge, der ihr so überhaupt erst Zugang zu eurem Angebot ermöglichen wollt oder ist das auch eine Reaktion auf die Inflation?
Die grobe Idee stand tatsächlich schon, bevor die Inflation zum großen Thema wurde. Wir sind trotzdem froh, das Soliticket nun endlich umsetzen zu können, gerade weil in diesem Winter erhöhter Bedarf erwartet werden kann. Wir haben dabei keine bestimmte Zielgruppe im Blick, sondern wollen vielmehr unserem Anspruch gerecht werden, niederschwellig Kultur für möglichst alle erlebbar zu machen.
„Das Angebot wurde bislang definitiv nicht ausgenutzt“
Wer das Soliticket bei euch in Anspruch nehmen will, muss keinen Nachweis über eine Bedürftigkeit vorlegen. Wieso habt ihr euch für das Prinzip entschieden?
Wir sind einfach nicht davon ausgegangen, dass ein solches Angebot ausgenutzt wird. Nachweise über eine Bedürftigkeit sind oft schambehaftet und stellen eine zusätzliche Hürde dar. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, den Menschen, die um Unterstützung bitten, zu vertrauen und mal zu schauen, wie das Ganze anläuft. Und tatsächlich haben wir mit unserer Einschätzung Recht behalten: Das Angebot wurde bislang definitiv nicht ausgenutzt.
Wie wird euer Soliticket bisher angenommen, sowohl was die Nutzung als auch die Unterstützung durch Spenden angeht?
Die Hilfsbereitschaft unserer Gäste ist erfreulich groß. Bei jeder Veranstaltung gibt es Menschen, die gerne einen erhöhten Preis bezahlen und somit anderen das Erleben von Kultur ermöglichen. Dafür sind wir extrem dankbar! Momentan übersteigen die Spenden die abgerufenen Vergünstigungen. Wenn es also noch Menschen gibt, deren finanzielle Lage sie vom Besuch unserer Veranstaltungen abhält, sollen sie sich gerne melden.
Gibt es einen bestimmten Zeitraum, über den das Projekt laufen wird oder könnte das Angebot auch dauerhaft bei euch bestehen bleiben?
Momentan ist das Projekt nicht befristet. Wir werden die ganze Sache aber natürlich evaluieren, wenn sie mal ein paar Monate gelaufen ist.
Interview: Florian Deckert | Foto Matthias Kilian: © Leonie Vormittag
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