„Als ob jeder Sensor die Hand eines Landschaftsgärtners wäre“

Fiona Sailer, Gründerin von hide and grow
Foto: Florian Daferner von SCHNITTKRAFT

Wie das intelligente Bewässerungssystem hide and grow funktioniert

Jede Pflanze hat ihren ganz individuellen Wasserbedarf – Gärten und Grünanlagen zu pflegen erfordert also viel Aufmerksamkeit und ein erfahrenes Händchen beim Gießen. Oder man setzt auf die automatische Bewässerungslösung hide and grow. Fiona Sailer belegte mit der Idee den 2. Platz beim Gründerpreis Baden-Württemberg 2024. Im Interview erzählt uns die Geschäftsführerin mehr über das System.

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Wie seid ihr auf die Idee gekommen und habt das Bewässerungssystem hide and grow entwickelt?
Die Idee zu hide and grow entstand während meiner Zeit als Projektleiterin bei der Jung Electronic GmbH. Bei der Neugestaltung des Firmengeländes arbeiteten wir mit dem Landschaftsgärtner José Soares von der Soares Landschaftsbau GmbH zusammen und kamen ins Gespräch. José suchte nach einem effizienteren Bewässerungssystem, das seine Arbeit erleichtert und insbesondere eine automatische Entlüftung beinhaltet, um das manuelle Entlüften der Rohre zu vermeiden. Frank Meidlinger, ein Experte aus der Maschinenbaubranche, hatte bereits mit José an einem solchen System gearbeitet. Allerdings fehlte noch das technische Know-how im Bereich Hardware und Software. Hier kam die Expertise von Jung Electronic ins Spiel, wodurch wir unsere Kompetenzen perfekt bündeln konnten. Gemeinsam erkannten wir das Potenzial, ein innovatives Bewässerungssystem zu entwickeln, welches Sensoren verwendet und eine ganzjährige Nutzung ermöglicht. So gründeten wir im Dezember 2022 hide and grow, und ich übernahm die Geschäftsführung.

Effiziente Pflanzenpflege für Gärten & Stadtbegrünung

Wie genau erkennt das System, wann es die Pflanzen wässern muss – kann man das für Laien einfach erklären?
Unser System verwendet Feuchtigkeitssensoren, die im Boden installiert werden. Diese Sensoren messen kontinuierlich die Bodenfeuchtigkeit und senden die Daten per Bluetooth an eine zentrale Steuerungseinheit. Man kann sich das so vorstellen: Wir haben mit mehreren Landschaftsgärtnern zusammengearbeitet, die uns die optimalen Bedingungen für Pflanzen im Boden gezeigt haben. Diese Werte haben wir in unseren Algorithmus integriert. Es ist fast so, als ob jeder Sensor die Hand eines Landschaftsgärtners wäre, der entscheidet, ob die Pflanzen Wasser benötigen oder nicht. Zudem kann die Skala für diese Werte individuell vom Anwender angepasst werden, je nach Pflanzen- oder Bodenart. Dadurch wird sichergestellt, dass die Pflanzen immer genau die richtige Menge Wasser erhalten.

Hat die intelligente Bewässerung Vorteile für die Pflanzen selbst?
Absolut. Die präzise Wasserzufuhr sorgt dafür, dass die Pflanzen stets optimal versorgt sind, was ihr Wachstum und ihre Langlebigkeit fördert. Besonders im Winter, wenn die Sonne den immergrünen Pflanzen Feuchtigkeit aus den Blättern entzieht und die Wurzeln im gefrorenen Boden keine Feuchtigkeit nachziehen können, sterben die Pflanzen oft ab. Unsere Technologie verhindert dies, indem sie die Pflanzen das ganze Jahr über optimal versorgt. Probleme mit Unter- und Überbewässerungen werden eliminiert. Das fördert die Nachhaltigkeit, da die Pflanzen erhalten bleiben und nicht ausgetauscht werden müssen. Zudem ist unser System eine effiziente Lösung für Vertikal- und Dachbegrünungen, die immer wichtiger werden, um mehr Begrünungen in den Städtebau zu integrieren. Diese bieten Kühlungseffekte, verhindern Hitzeinseln in städtischen Gebieten, bieten wichtigen Lebensraum für Insekten und liefern lebenswichtigen Sauerstoff.

So läuft die Installation

Wie aufwendig ist die Installation von hide and grow? Muss man dafür den kompletten Garten umgraben?
Die Installation der hide and grow-Steuerung und Sensoren ist unkompliziert, da wir auf jedes vorhandene Rohrsystem aufgesetzt werden können. Wenn jedoch noch keine grundlegende Bewässerungsanlage vorhanden ist, muss der Garten für die Verlegung der Rohre, zumindest teilweise, aufgegraben werden. Das liegt nicht an unserem System, sondern daran, dass generell die Rohre verlegt werden müssen. Für diejenigen, die keine komplette Bewässerungsanlage installieren möchten oder können, planen wir, dass unsere Sensoren in Zukunft auch direkt mit einer App kommunizieren können. Diese App wird den Nutzern mitteilen, wann sie ihren Garten manuell bewässern müssen.

Mit welchen Kosten muss man da rechnen, könnt ihr da grob etwas einschätzen?
Die Steuerungseinheit von hide and grow kostet 1.899 Euro netto (UVP). Die Sensoren liegen, je nach Wurzeltiefe, zwischen 189 Euro netto und 289 Euro netto (UVP). Grundsätzlich empfehlen wir, pro Bewässerungskreislauf einen Sensor zu verwenden. So kann man sich ausrechnen, wie viele Sensoren für den eigenen Garten benötigt werden. Zusätzlich gibt es Zubehör, um den Empfang zu erweitern, falls Gebäude den Empfang beeinträchtigen, sowie optionales Zubehör wie die automatische Entlüftung oder unseren Durchflusssensor.

Aktuell konzentriert ihr euch auf die Gartenbewässerung. Lässt sich das Konzept auch auf Zimmer- und Balkonpflanzen anwenden?
Wir machen uns natürlich Gedanken darüber, das System auch für Zimmer- und Balkonpflanzen anzubieten. Ähnlich wie wir es für den Gartenbereich planen, könnten die Sensoren dann über eine App kommunizieren und den Nutzern mitteilen, wann die Pflanzen Wasser benötigen. Das ist definitiv eine Möglichkeit, die wir in Zukunft anbieten könnten. Der grundlegende Vorteil von hide and grow ist jedoch, dass es nicht nur Daten liefert, sondern die Pflanzen auch automatisch bewässert. Dies gestaltet sich im Innen- und Balkonbereich etwas schwieriger, aber wir prüfen kontinuierlich, wie wir auch dort Lösungen anbieten können.

Interview: Florian Deckert

www.hideandgrow.de