Die vielen Facetten des süßen Nichtstuns

Axel Hacke: Ein Haus für viele Sommer (Rezension)

„Ein Haus für viele Sommer“ von Axel Hacke

In einem kleinen italienischen Dorf steht ein alter Turm, der seit Jahrzehnten einer deutschen Familie gehört. Mehrmals im Jahr steigt sie in München ins Auto, um an den Ort wiederzukehren, an dem die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Zwischen Olivenhainen, einer ganz bestimmten Bar an der Piazza, dem Schlauchboot in der Bucht und einem Stuhl in der Via Roma versucht Axel Hacke, die Essenz des dolce far niente einzufangen.


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Eine Erzählung wie ein Spaziergag

„Ein Haus für viele Sommer“ zu lesen ist, als würde man gemeinsam mit dem Autor durch das Dorf spazieren und dabei die vielen liebevoll gezeichneten Persönlichkeiten auf einen Plausch treffen, denen er unterwegs begegnet. Von der „schönen Straßenfegerin“ über den exzentrischen Käferenthusiasten, den findigen Automechaniker und den Kaffeelöffelmaler bis hin zu dem stoischen Wassermann. Jeder Charakter dieses kleinen Universums ist absolut einzigartig eingefangen, selbst die Dorfhunde erzählen ihre eigene Geschichte. Das Buch wird nicht von einem übergeordneten Plot geleitet, sondern plätschert vergnüglich vor sich hin. Es springt hin und her und vereint am Ende jedes Detail in einer einzigen, hitzeflirrenden Erzählung.

Was tut man eigentlich, wenn man nichts tut?

Axel Hacke lässt die Gedanken zwischen den teilweise skurrilen, durchgängig unterhaltsamen Anekdoten immer wieder zu diesem Thema schweifen. Warum hat er sich gerade diesen Ort ausgesucht, um dort beinahe all seine Ferien zu verbringen, anstatt die Welt zu bereisen? Warum verbringt er die Sommer damit, den alten Turm der Familie – den Torre – instand zu halten, wenn sich der Putz mal wieder unerklärlicherweise ablöst? Und den gebrauchten Fiat zu reparieren, der jedes Jahr ein neues Leiden präsentiert? Warum erhöht er Zäune, die Ziegen von seinem Grundstück fernhalten sollen, und errichtet eine Wildschwein-Duftabwehr, anstatt im Hotel zu leben? Wer sich mit ihm auf den Spaziergang durch das Dorf begibt, den Lebensweisheiten der Bewohner*innen lauscht und anschließend aufs weite Meer hinausfährt, um sich mit geschlossenen Augen dem Wellengang hinzugeben, wird es verstehen.

Axel Hacke ist einer der bekanntesten Autoren Deutschlands und veröffentlichte bereits zahlreiche Bücher, unter anderem „über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“. Außerdem schreibt er die Kolumne „Das Beste aus aller Welt“ im Süddeutsche Zeitung Magazin. „Ein Haus für viele Sommer“ erschien im Juni 2023 als Taschenbuch im GOLDMANN-Verlag.

Text: Dana Wedowski