Das 9-Euro-Ticket ist ein echter Erfolg für die Deutsche Bahn und den Tourismus. Seit Juni 2022 kann man mit dem Aktionsticket durch ganz Deutschland reisen, wodurch die Nutzung des Zug- und Bahnverkehrs immens angestiegen ist. Aber ist das Ticket auch wirklich eine durchdachte Maßnahme? Und hat es das Potenzial, den Nachhaltigkeitssinn und das Umweltbewusstsein der Menschen langfristig und effektiv zu stärken? Wer profitiert davon und für wen ist es eher eine Belastung? Dafür interessieren wir uns diesen Monat in unserer Talkbox.
Mehr Umfragen:
Liss (18), Flein
Schon vor dem 9-Euro-Ticket habe ich beim Reisen auf Nachhaltigkeit geachtet und finde die Maßnahme auch sinnvoll. Bis auf ein paar Kriterien, wie zum Beispiel die überfüllten Züge oder die langen Fahrten. Das muss man meiner Meinung nach aber in Kauf nehmen, weil das 9-Euro-Ticket immer noch besser ist, als für 300 Euro nach Berlin zu kommen. Die jüngeren Generationen können neue Städte in Deutschland kennenlernen und die Leute werden für Nachhaltigkeit sensibilisiert, weil beispielsweise weniger Menschen mit dem Flugzeug fliegen oder Auto fahren. Die Entscheidung, das 9-Euro-Ticket einzuführen empfinde ich als positiv, weil es immer noch besser ist, in einem vollen Zug zu fahren, als dass jeder sein eigenes Auto benutzt.
Isabell (28), Löwenstein
Mit dem 9-Euro-Ticket bin ich bis jetzt nur nach Stuttgart gefahren und fand meine Fahrt eigentlich recht angenehm. Ich kenne Leute, die jetzt schon mal eher Zug fahren, statt das Auto zu nehmen. Aber es gibt viele, die jetzt meinen, sie müssten Deutschland bereisen und so im Endeffekt nehmen viel mehr Menschen am Verkehr teil als bisher. Ich würde nicht sagen, dass die Maßnahme nachhaltig ist, weil jetzt tatsächlich mehr Leute und auch mehr Züge fahren. Für Viele, die auf den Zug angewiesen sind, ist es mittlerweile unmöglich, rechtzeitig bei der Arbeit oder in der Schule zu sein, weil es seit dem 9-Euro-Ticket so viele Ausfälle und Verspätungen gibt. Meiner Meinung nach hat es auch viele Nachtteile. Es ist eher eine Maßnahme, um die Leute nach Corona und den ganzen hohen Preisen zu besänftigen, anstatt sie wirklich zu unterstützen.
Tom (21), Heilbronn
Ich plane meine Reisen jetzt nicht unbedingt so, dass sie möglichst nachhaltig sind. Ich schaue aber immer, ob ich mein Urlaubziel billiger mit Bus oder Bahn erreichen kann und benutze auch das 9-Euro-Ticket gelegentlich. Es ist einfach günstiger, für fast alle sinnvoll und ich habe bis jetzt noch keine schlechten Erfahrungen damit gemacht. Diejenigen, die oft ihr Auto nutzen, können es jetzt auch mal stehen lassen – was wegen den hohen Benzinpreisen die Meisten ansprechen sollte. Ich denke, dass es wenig positive Auswirkungen auf die Umwelt haben wird, da die Mehrheit der Leute in ihre alten Muster zurückfallen wird und die Meisten es auch nur nutzen, weil es da ist und nicht als Alternative. Das Geld und die Ressourcen für das 9-Euro-Ticket hätte man eher in den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, eine dauerhafte Preissenkung der Tickets oder in kostenlosen Nahverkehr für alle jungen Leute stecken sollen. Sonst bleibt der Nachhaltigkeitseffekt vor allem langfristig aus.
Carsten (28), Öhringen
Ich tendiere in den letzten Jahren dazu, regional zu reisen. Und da ich sowieso schon versuche, mein Leben nachhaltig zu gestalten, ist mir das auch beim Reisen ein großes Anliegen. Dementsprechend nutze ich das 9-Euro-Ticket selbstverständlich. Die Züge fand ich trotz größerem Ansturm noch gut nutzbar. Und es kommt, was die Überfüllung angeht, auch auf die Tageszeit an, die man ja beabsichtigt wählen kann. Ich finde das 9-Euro-Ticket generell sinnvoll, da man mit einer Zugfahrt einfach deutlich Geld sparen kann. Es ist ein super Anreiz, nachhaltiger zu leben und ich würde mich freuen, wenn das Ticket verlängert werden würde. Die Mittel, die ins 9-Euro-Ticket gesteckt wurden sind definitiv sinnvoll eingesetzt. Und wenn man die Fernverkehrszüge auch ermäßigen würde, würde das vielleicht zusätzlich der Überfüllung entgegenwirken.
Umfrage & Fotos: Anna Wirth