„Heilbronn kann zum Leuchtturm für künstliche Intelligenz werden“

Robert Mucha - Interview: Heilbronn & Künstliche Intelligenz

Robert Mucha über Heilbronn als KI-Standort und Schwarmstadt

Autor und Journalist, Podcaster, HANIX-Mitgründer und ja, sogar ehemaliger Phonk-Redakteur: Robert Mucha ist ein umtriebiger Mann. Aktuell beschäftigt sich der 44-jährige intensiv mit dem Thema künstliche Intelligenz, für das Heilbronn eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen will. Sein Netzwerk in der hiesigen Kunst- und Kulturszene nutzt Robert seit Juli 2021 im KI-Salon von 42 Heilbronn, um die Zukunftstechnologie durch Events und Workshops greifbar zu machen. Außerdem forscht und schreibt er über das Konzept der Schwarmstädte, zu denen Heilbronn womöglich schon bald gehört.

Alles Zukunftsmusik? Vielmehr schon brandaktuell, wie uns Robert im Gespräch verrät. Um die Möglichkeiten aktueller KI-Anwendungen zu demonstrieren, hat er seine Antworten in diesem Interview übrigens nachträglich durch den Bot ChatGPT von OpenAI redigieren lassen. Die Einleitung und unsere Fragen stammen aber noch komplett aus Menschenhand.


Auch interessant:

  1. Fake News & falsche Nachrichten - Illustration
  2. Coding School 42 Heilbronn (1)

Fortschritte im Wochentakt

Warum ist künstliche Intelligenz für dich eines der wichtigsten Zukunftsthemen?
Ich experimentiere seit Anfang Dezember 2022 mit Text-Bots wie ChatGPT und Text-zu-Bild-KIs wie Midjourney und bin beeindruckt von den Fortschritten in diesem Bereich. Im KI-Salon haben wir 2022 selbst Projekte gestartet, die jetzt überholt wurden. Es geht nur noch um Wochen oder Monate bei den Entwicklungssprüngen. Das ist faszinierend, stellt mich aber auch vor viele Fragen: Was bedeutet das für unseren privaten und beruflichen Alltag? Viele Jobs werden stark beeinträchtigt. Ich glaube, es ist wichtig, frühzeitig zu lernen, sich anzupassen und mit der Technologie umzugehen. Deshalb finde ich es cool, dass wir durch den KI Salon Zugang zum Thema schaffen können. Denn ich glaube, künstliche Intelligenz ist mit das Relevanteste, was die nächsten Jahre auf uns zukommt.

Welche Rolle spielt KI für Heilbronn als Industrie- und Wissensstandort?
Durch Impulse wie den KI-Innovationspark IPAI, die Programmierschule 42 Heilbronn, AI-Startup-Programme bei den Campus Founders oder neue Stiftungsprofessuren der TUM kann Heilbronn zu einem KI-Leuchtturm werden. In Baden-Württemberg ist es das vielleicht schon, in Deutschland oder sogar Europa kann es das auf jeden Fall werden. Das Potenzial ist da.

Robert Mucha - Heilbronn (Illustration Wonder App)
So sieht das KI-Tool „Wonder App“ unseren Interview-Gast Robert Mucha

Künstliche Intelligenz in der Kätchenstadt

Wie bringt man dieses Potenzial Menschen näher, in deren Alltag künstliche Intelligenz bisher noch gar keine Rolle spielt?
Der Bildungsaspekt ist von großer Bedeutung. Umso früher man in das Thema eintaucht, desto besser. Eine Vision von mir ist, dass KI in der Heilbronner Fußgängerzone stattfindet, indem man Leerstände mit spielerischen Konzepten füllt, die Technologie für Marktforschung oder Handelskonzepte nutzt. Dadurch entsteht in Kombination mit traditionellen Angeboten eine attraktive Innenstadt.

Es geht also nicht nur um KI-Projekte, die hier entwickelt werden, sondern Heilbronn soll auch selbst zur KI-Stadt werden?
Ja, es geht darum, dass Heilbronn nicht nur ein Ort für die Entwicklung von KI-Projekten ist, sondern selbst zu einer KI-Stadt wird. Ein Ort für alle, die damit in Berührung kommen wollen. Dafür müssen viele Akteure zusammenarbeiten. Von Vermietern von Leerständen bis hin zur Wirtschaft, Kultur und der Politik müssen alle an einem Strang ziehen. So würde eine einzigartige Innenstadt in Deutschland entstehen. Ein Beispiel dafür ist der Urban Innovation Hub, kurz UIH!, der im ehemaligen Novacane Store in der Sülmerstraße ab April eröffnet wird.

Robert Mucha - VfR Heilbronn (Illustration Wonder App)
Sogar an die Podcaster-Headphones und das VfR-Trikot hat Wonder App gedacht

Künstliche Intelligenz: Wie umgehen mit Risiken?

KI ist ja eine Zukunftstechnologie, bei der viele Leute aus verschiedenen Gründen Bedenken haben. Gibt es da Punkte, die du ebenfalls kritisch siehst?
Es gibt eine Vielzahl von Themen, die kritisch betrachtet werden müssen. Wie zum Beispiel das Urheberrecht – wem gehört das Bild, das wir mit einer KI erstellt haben? Auch Nachrichtenverifizierung und Datenschutz sind wichtige Themen, da man sieht, wie wir jetzt schon mit Social Media Schwierigkeiten haben.

Beschäftigt man sich auch mit diesen Risiken bei der Entwicklung von Heilbronn hin zur KI-Stadt?
Wir legen bei der Entwicklung von Heilbronn hin zur KI-Stadt großen Wert auf ethische Diskussionen und die Berücksichtigung von Kritikpunkten. Durch die Beteiligung der Communities, die wir aufbauen, möchten wir nicht nur Input erhalten, sondern auch proaktiv dazu motivieren, mitzumachen, zu experimentieren und mitzugestalten. So können wir gemeinsam sicherstellen, dass die Entwicklungen von KI in Heilbronn nicht nur unterhaltend, sondern auch verantwortungsvoll und im Einklang mit ethischen und gesellschaftlichen Aspekten sind.

Heißt das, dass kritische Fragen sozusagen in die Community outgescourced werden? Oder gibt es dieses Bewusstsein auch schon bei Stellen wie Lokalpolitik, Verwaltung und Industrie?
Es gibt sowohl kritische Fragen in der Community als auch bei Stellen der Lokalpolitik, Verwaltung und Industrie. Oberbürgermeister Harry Mergel hat zum Beispiel schon betont, dass man vorsichtig und nicht nur euphorisch sein sollte. Ich denke, es ist wichtig, die Kompetenz zur Handhabung des Themas und der Technologie zu schaffen. Und dazu gehört, Barrieren im Kopf abzubauen. Ein guter Ansatz kann sein, kreativ damit zu spielen und erste Erfahrungen zu sammeln.

Was ist eine Schwarmstadt?

Du hast ja schon angesprochen, dass künstliche Intelligenz Heilbronn als Stadt attraktiver machen könnte. 2021 hast du gemeinsam mit Yvonne Zajontz den Sammelband „Heilbronn auf dem Weg zur Schwarmstadt?“ herausgegeben. Was genau versteht man eigentlich unter diesem Begriff?
Kurz zusammengefasst: Unter dem Begriff „Schwarmstadt“ versteht man eine Stadt, die bei der Altersgruppe der 18- bis 35-jährigen einen höheren Zuzug als Abwanderung generiert. Dies ist ein Indikator dafür, dass die Stadt für diese Altersgruppe attraktiv ist. Da sie dort ihre Wunschausbildung machen können, Gleichgesinnte treffen und ihren Lifestyle leben können. Dies spricht sich dann im Idealfall herum. Und die Stadt wird als günstig, cool, mit guten Professoren und einem großen Kulturangebot wahrgenommen. Auch Young Professionals, die nach dem Studium ihre ersten Karriereschritte machen wollen, werden hierbei berücksichtigt, da sie häufig eigene Bedürfnisse haben.

Es geht also nicht nur darum, dass 20-jährige herkommen, sondern dass sie auch noch mit 30 hierbleiben?
Heilbronn hat bereits gute Bildungsangebote, aber es geht auch um weiche Standortfaktoren wie relativ günstige Mieten, Kultur und Mobilität. Das Ziel ist es, dass die Leute nicht nur ihr Studium abschließen und dann wieder abhauen. Sondern dass sie hierbleiben, weil das Angebot für sie passt.

Du bist selbst vor ungefähr 20 Jahren nach Leipzig gezogen, oder?
Ich bin vor ungefähr 20 Jahren für vier Jahre selbst nach Leipzig gezogen, im Jahr 2000. Davor war ich noch ein Jahr in Mannheim und danach für sechs Jahre in Berlin.

Also war Heilbronn damals noch keine Schwarmstadt?
Damals war Heilbronn noch keine Schwarmstadt. Ich wollte Kulturwissenschaften, Journalistik und Sport studieren, was hier damals nicht möglich war und immer noch nicht ist. Heißt: Auch wenn man seine Stadt noch so sehr liebt, manchmal muss man gehen, um die Möglichkeiten zu haben, die man sich wünscht.

Yvonne Zajontz & Robert Mucha: Heilbronn auf dem Weg zur Schwarmstadt (Cover)

Eine florierende Wirtschaft allein reicht nicht

Euer Fazit aus dem Buch ist ja, dass Heilbronn auch heute noch keine Schwarmstadt ist.
Unser Fazit aus dem Buch ist, dass Heilbronn zwar noch keine Schwarmstadt unter den ersten 30 in Deutschland ist. Aber alles deutet darauf hin, dass es in diese Richtung geht. In aktuellsten Umfragen wurde festgestellt, dass die Leute Heilbronn jetzt positiver wahrnehmen, trotz der Pandemie. Die Stadt hat in Wissen, Forschung und Bildung investiert und das hat sich ausgezahlt. Auch in Sachen Gastronomie und Kultur hat sich viel getan. Trotz der schweren Jahre gibt es neue Angebote, zum Beispiel in der Bahnhofsvorstadt. Dieser Mix zusammen mit der Tatsache, dass Heilbronn in einer wirtschaftsstarken Region liegt, hat geholfen die Zufriedenheit der Bewohner zu erhalten.

Dass die Wirtschaft floriert, ist also ein Hauptfaktor für eine Schwarmstadt?
Eine florierende Wirtschaft ist ein wichtiger Faktor für eine Schwarmstadt, da sie die Grundlage für eine solide wirtschaftliche Basis bietet und es den Menschen ermöglicht, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu erfüllen. Allerdings ist sie nicht der einzige Faktor. Eine attraktive Umgebung, ein gutes kulturelles Angebot und eine hohe Lebensqualität sind ebenso wichtig, um Menschen dazu zu motivieren, in der Stadt zu bleiben. Es geht darum, eine Balance zwischen wirtschaftlicher Stabilität und einem attraktiven Lebensstil zu finden.

Gibt es da aus deiner Sicht Faktoren, wo Heilbronn noch besser werden muss?
Klar, es gibt noch einige Bereiche, in denen Heilbronn verbessern kann. Einer davon ist die Kulturförderung, die zwar bereits gut ist, aber immer noch gesteigert werden kann. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Mietpreissituation für Leerstände, die sinken sollten, um mehr Anreiz zu schaffen, dort etwas zu starten. Auch in Bezug auf die Förderung des Fahrradverkehrs gibt es noch Verbesserungspotential. Und ein wichtiger Aspekt ist es, Begegnungen zwischen der Bildungscampus-Gesellschaft und den Einwohnern, die hinter dem Hotel Mercure leben, zu fördern, damit sich Zugezogene und Alteingesessene besser kennenlernen können.

Robert Mucha - Heilbronn (Nico Kurth)
Robert Mucha aus Fleisch und Blut (Foto: © Nico Kurth)

Luft nach oben

Und wenn man die Heilbronner*innen kennenlernen will, kann man sich ja auch deinen Podcast „Originalteile“ anhören.
Genau, „Originalteile“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie man die Menschen in Heilbronn kennenlernen kann. Es gibt viele interessante Charaktere, die in der Stadt aktiv sind. Und durch den Podcast bekommt man die Möglichkeit, ihre Geschichten und Perspektiven kennenzulernen. Der Podcast gibt auch einen Einblick in die Vielfalt und Dynamik der Stadt, die über die normalen 9-to-5-Jobs hinausgeht. Es gibt aber noch 126.000 weitere Heilbronner und nicht nur die 50 Gäste, die ich bisher im Podcast hatte. Viele Heilbronner haben von den dynamischen Zukunftsentwicklungen noch nicht viel mitbekommen.

Wie werden diese Leute eigentlich in Konzepte wie KI oder die Schwarmstadt eingebunden? Das sind ja beides Entwicklungen, die stark von jungen Akademiker*innen getragen werden. Besteht da die Gefahr, dass man Menschen übergeht, die ohne Frage Heilbronner*innen sind?
Es ist wichtig, dass bei der Entwicklung von Konzepten als KI-Standort oder der Schwarmstadt die Bedürfnisse und Anliegen aller Heilbronnerinnen berücksichtigt werden. Dies kann durch die Einbindung von Vertreterinnen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen in die Entwicklungsprozesse sowie durch die Schaffung von Möglichkeiten für Begegnungen und Integration erreicht werden. Die Wohnraumsituation in Heilbronn ist durch den Zuzug von Studenten und Young Professionals zunehmend angespannt. Mieten und Immobilienpreise steigen. Was es für viele Menschen, insbesondere für jene mit geringerem Einkommen, schwieriger macht, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Hier muss die Stadt aktiv werden und Konzepte entwickeln, um eine sozial gerechtere Verteilung des Wohnraums zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass sowohl die Bedürfnisse der neuen Bewohner*innen als auch der bestehenden Einwohner*innen berücksichtigt werden, um eine inklusive und lebendige Stadtentwicklung zu fördern.

Interview: Florian Deckert | Fotos: Nico Kurth & Wonder App


Mehr zum KI-Salon:
www.ki-salon.net

Heilbronner Originale im Gespräch:
www.instagram.com/originalteile_podcast