Eine bedrohte Tierart kehrt zurück – auch in die Region Heilbronn
Wilde Raubkatzen in unseren Heilbronner Wäldern? Das hört sich zunächst einmal ungewohnt an, wird aber in letzter Zeit tatsächlich Realität! Zu unseren gewöhnlichen Waldbewohnern gesellt sich zunehmend eine zwar gefährdete, aber sich glücklicherweise erholende wilde Tierart hinzu. Die europäische Wildkatze ist seit jeher eine gefährdete Art, deren Bestand enorm geschrumpft ist. Nun kehrt sie jedoch nach Baden-Württemberg zurück.
Auch interessant:
Europas Wildkatzen in ihrem Lebensraum
Wildkatzen leben geschützt in einer ruhigen, natürlichen und unberührten Waldumgebung, die essentiell für ihre Nahrungssuche und ihren Rückzug ist. Diese Lebensräume fehlen ihnen in unserer Region. Wälder werden abgeholzt, eingegrenzt, bewirtschaftet und kontrolliert – kurz: Menschen greifen aktiv in die Natur ein. Straßen, Städte und Siedlungen sowie die Landwirtschaft machen die Entstehung und eigenständige Entwicklung von größeren, sicheren und vor allem zusammenhängenden Lebensräume unmöglich.
Wildkatzen sind durch ausgeprägte Straßennetze ständig in ihrer Sicherheit bedroht und werden häufig überfahren. Verschiedenen Populationen wird der dauerhafte, unter anderem für die Fortpflanzung lebensnotwendige Austausch, sehr erschwert. Die Arten haben so keine Möglichkeit sich weiterzuentwickeln, der Bestand geht immer weiter zurück. Darüber hinaus werden Wildkatzen von Jägern oft erschossen, weil sie für Hauskatzen gehalten werden. Zudem kommt es nicht selten vor, dass Menschen, denen beim Spaziergang eine Wildkatze über den Weg läuft, diese mitnehmen und zu ihrem Haustier machen.
Engagement vom BUND in Baden-Württemberg
Da geeignete Lebensräume zu selten oder bereits zu zerstört sind, hat es sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland als Teil des Großprojekts „Die Wildkatzenwälder von morgen“ zur Aufgabe gemacht, den europäischen Wildkatzen wieder ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Insgesamt zehn Landesverbände beteiligen sich, Baden-Württemberg konzentriert sich dabei auf den Odenwald und der Region Stromberg-Heuchelberg. Diese beiden Gebiete sind zwei waldreiche Regionen des Projekts. Es werden naturnahe Waldränder angepeilt, die viel Deckung und Wildnis für die bedrohten Wildkatzen bieten. Das Projekt läuft seit Oktober 2022 und ist zunächst für die kommenden sechs Jahre angesetzt.
Dafür wird die Zusammenarbeit mit Verantwortlichen aus Forst- und Landwirtschaft, der Jagd und dem Grundbesitz, der Verwaltung sowie den Kommunen und Kirchen großgeschrieben. Geeignete Flächen fragt der BUND zur Aufwertung bei Besitzern an und umfunktioniert. Durch Umstrukturierung und Gestaltung von Waldgebieten – vor allem von Rand- und Grünflächen – unterstützt man so die Entwicklung der Wildkatzenpopulation. Das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesamt für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz fördert das Projekt außerdem. Die Behörde unterstützt generell Konzepte von gesamtstaatlicher Bedeutung, die sich in Deutschland für den nachhaltigen Erhalt der Natur und ihren Schutz einsetzen. Das BUND-Projekt passt durch den Einsatz für die biologische Vielfalt somit ausgezeichnet in das Schema.
So werden Wälder wildkatzenfreundlich
Dominic Hahn ist Projektkoordinator bei „Wildkatzenwälder von morgen“. Er sagt, es komme zunächst einmal darauf an, natürliches Licht in den Wald zu leiten und ihn somit „aufzulichten“. So entwickelt sich eine Artenvielfalt von Flora und Fauna an den Waldrändern, die langsam in den dichten Wald übergeht. Die Tiere – nicht nur Wildkatzen – finden somit eine für sie notwendige Umwelt mit Höhlen, Verstecken, Sträuchern, Büschen und Baumwurzeln. „Der Fokus liegt bei diesem Projekt auf der europäischen Wildkatze, allerdings weil man so viele andere Arten automatisch mitfördert“, erklärt Dominic Hahn. „Das passiert ganz automatisch. Dort wo sich die Wildkatze wohlfühlt, fühlen sich auch viele andere Arten wohl.“ Im Wechsel von Lichtungen und schützendem Schatten am Waldrand befindet sich der artenreichste Bereich eines Waldes.
Darüber hinaus werden die Wälder dadurch klimarobuster und widerstandsfähiger. „Außerdem“, ergänzt Dominic Hahn, „ist die Anreicherung mit Tod- und Altholz ein weiterer wichtiger Aspekt der Projektmaßnahmen“. Verschiedene Holzarten, gefällte, liegengelassene Bäume, dichtes Unterholz, Dickicht und Gehölzstrukturen sind unabdingbar für einen artgerechten Lebensraum der Waldtiere.
Das Projekt erhält hierzu finanzielle Unterstützung für notwendige Maßnahmen. Insgesamt soll dadurch eine gesamtheitliche und nachhaltige ökologische Aufwertung erfolgen. Die gezielte Förderung der tatsächlichen Umsetzung erhält momentan viel Zuspruch, vor allem aus der Forstbranche. „Man könnte sagen, das Projekt fällt gerade in eine günstige Zeit. Der Klimawandel ist zurzeit einfach ein starkes Thema.“, erwähnt der Projektkoordinator an dieser Stelle. Es wird also viel ehrliches Interesse am Projekt gezeigt. Dennoch muss sich beständig dafür eingesetzt werden, dass dies so bleibt.
Unterstützung gesucht
Ziel des Großprojekts ist die nachhaltige Wiederbevölkerung fast des gesamten möglichen Wildkatzengebietes in Deutschland. Jährliche Datenerhebungen bezüglich Verbreitung und Population liefern regelmäßig Aufschluss über den Erfolg. Auch Umweltschützer*innen helfen freiwillig mit, um kollektiv die Artenvielfalt in Deutschland zu fördern. Darüber hinaus hofft der BUND auf weiteres Engagement in der Zukunft. Verantwortliche aus Politik, Landwirtschaft und Ökonomie sind unabdingbar für einen langfristigen Fortschritt. Des Weiteren sind Natur- und Tierfreunde, Waldspaziergänger*innen, Aktivist*innen und einfach alle, die sich gern beteiligen möchten, eingeladen, den BUND mit einer Spende zu unterstützen.
Schlussendlich kann nur durch Zusammenarbeit ein wirklicher Unterschied gemacht werden. Nur gemeinsam können wir unseren Wäldern ihre wohlverdiente Erholung geben und sie wieder ein Stückchen reicher machen. Weitere Infos zum Projekt gibt es auf www.bund-bawue.de.
Text: Anna Wirth
Einen Kommentar hinterlassen