Andreas Blaschke, Artenschutzfachberater in Wespen- und Hornissenfragen, im Portrait
Wahrscheinlich sind viele von uns mit dem Verständnis dafür aufgewachsen, dass man Stechinsekten in „gute“ und in „schlechte“ Wesen unterteilt. Hummeln sind harmlos und freundlich, Bienen schenken uns Honig und halten die Natur durch das Bestäuben der Blüten im Gleichgewicht. Wespen halten wir hingegen häufig für lästige Störenfriede, die gerne mal aggressiv zustechen. So war zumindest mein Verständnis– bis ich über eine Anzeige für einen Fachbeitrag über Wespen stieß. Bei der Veranstaltung im Subdorsch in Weinsberg lernte Andreas Blaschke kennen, einen Experten für Wespen, Bienen und Hornissen.
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Umzugshelfer für Stechinsekten
Andreas, der hauptberuflich Full-Stack-Designer ist, fand durch Zufall in die Welt der Stechimmen. Der Besitzer seines angemieteten Gartengrundstücks war Imker und hielt sich immer ein paar Bienen. Eines Tages lud er Andreas ein und stellte ihm einen Bienenstock zur Verfügung. Andreas las sich selbst in das Thema ein und das Interesse war geweckt. Die ersten Arbeiten am Bienenstock kosteten einige Stiche, aber das nahm er in Kauf. Nachdem er sich mit der Welt der Bienen auseinandergesetzt hatte, wollte er mehr über andere Insekten dieser Gattung wissen. Durch Weiterbildungen und nicht nachlassende Begeisterung für das Thema arbeitet Andreas mittlerweile unter anderem mit dem Landratsamt zusammen. Dabei beschäftigt er sich mit der Umsiedlung von Bienen-, Wespen- und Hornissennestern. Sollte ein Nest an einer ungünstigen Stelle erbaut worden sein, an der sie nicht ruhig nisten können, sorgt Andreas dafür, dass die Tierchen ein neues Zuhause finden. Sein oberstes Ziel ist es, die Tiere umzusiedeln, ohne dass diese verletzt oder vergiftet werden oder ihr Königreich zerstört wird.
Wie sieht eine solche Umsiedlung aus?
Betroffenen, die ein Wespen- oder Hornissennest in ihrem Garten oder an ihrem Haus finden erklärt Andreas zunächst, dass ein Stechimmennest nichts Schadhaftes darstellt. Im Idealfall sollte es also immer in Ruhe gelassen werden. Taucht ein Nest mal an einer sehr ungünstigen Stelle auf, zum Beispiel in einem Fensterrollkasten oder an einer Kinderschaukel, findet in Notfällen oder bei einer nachweislichen Allergie eine Umsiedlung statt. Hierbei wird der Schwarm abgesaugt und die Tiere landen in einem entsprechenden Behältnis. Wichtig ist es, auf die Königin zu achten. Denn ein Volk ohne Königin ist nicht überlebensfähig und würde sterben. Auch eine Fremdkönigin könnte den Schwarm nicht retten, da jedes Königreich durch ihr jeweils eigenes Pheromon, also ihren eigenen Duft kommuniziert. So erkennen Bienen wie auch Wespen ihre Zugehörigkeit. Das eingesaugte Volk bringt Andreas, je nach Entfernung, mit dem Lastenfahrrad an einen neuen Nistplatz, wo er das zerteilte Nest rekonstruiert und das Immenvolk in ein Ersatznest kommt. Die Tiere haben in kurzer Zeit die Nesthülle neu erstellt.
Ein anderes Bewusstsein
Andreas ist kein klassischer Imker, daher vermittelt er ein ganz anderes Bewusstsein zu Bienen, Wespen und Co. Imkerkurse gibt Andreas derzeit nicht mehr, da viele unter den falschen Voraussetzungen daran teilnahmen. Er erzählt mir auf wie viel Unverständnis er trifft, wenn er Leuten erklärt, dass englischer Rasen und Bienenhaltung nicht Hand in Hand gehen. Bienen würden in den meisten Gärten, wie wir sie heute pflegen, schlichtweg verhungern, da viel zu wenig Blüten wie auch deren Vielfalt vorhanden ist. Auch gut gemeinte selbstgebastelte Insektenhotels entsprechen oft nicht den Ansprüchen der Immen und bleiben leer. In seinen Vorträgen und auch in unserem Gespräch erklärt Andreas, wie wichtig es ist, Tiere nicht von ihrem natürlichen Artendasein zu entfremden. Dabei betont er die große Rolle jeder Stechimmenart für den Einklang unserer Umwelt und unseres Ökosystems.
Die Honigbiene
Bienen haben für uns Menschen einen ganz besonderen Anreiz: den Honig. Schon früh begreift Andreas, der sich Tipps und Tricks aus dem Imkerverein holen möchte, dass er sich mit der konventionellen Imkerei nicht identifizieren kann. Er sucht nach einer Alternative, die sich primär um das Wohl seiner Tiere statt um möglichst viel Honigertrag bemüht. Denn Honig ist kein Nebenprodukt eines Bienenkönigreiches handelt, sondern der Bienen Nahrung. Deshalb arbeitet Andreas nach biologischen Demeter-Richtlinien. Hierbei dürfen sich die Bienen unter natürlichen Bedingungen vermehren. Er lässt ihnen möglichst viel Honig in den Waben, setzt auf Naturwabenbau und arbeitet ohne Absperrgitter.
Die Wespe
Wespen sind Allesfresser und Fressfeind vieler Insekten, von der Spannerraupe bist zur Mückenlarve. Durch ihr Wegfallen würde ein enormes Schädlingsinsektenproblem für viele Pflanzen und Landwirtschaften entstehen. Wie Bienen bestäuben auch sie Blüten und tragen somit zur Pracht unserer Pflanzenwelt bei. Wespen tun dies jedoch unbewusst, da sie nicht auf Pollensuche sind. Freihängende Wespennester sind harmlos und man sollte sie nach Möglichkeit stets hängen lassen. Die Tiere stechen einzig und allein, wenn sie sich bedroht fühlen oder wenn man sich ihrem Nest nähert und versucht, dieses zu entfernen oder zu beschädigen. Sie stehen unter Artenschutz und ein Wespennest zu zerstören kann eine Geldstrafe von bis zu 50.000€ mit sich bringen. Die Nester sind übrigens keine dauerhaften Behausungen, sondern werden spätestens im November verlassen und nicht neu bezogen.
Die Hornisse
Immer seltener werden leider Hornissennester. Diese zu schützen und zu erhalten ist oberste Priorität – auch wenn das riesige Fluginsekt auf den ersten Blick etwas einschüchternd wirkt. Vergessen darf man auch hierbei nicht: Gestochen wird nur, wenn Bedrohung stattfindet.
Verzicht für mehr Artenvielfalt
Ich finde es faszinierend zu beobachten, welches liebevolle Verständnis Andreas für die Stechimmen mitbringt. Ich bin froh auf Andreas Vortrag gestoßen zu sein und nun etwas mehr Bewusstsein für diese Tiere entwickelt zu haben. Leider werden unsere einheimischen Populationen nach und nach kleiner. Neue Arten entwickeln sich oder werden aus dem Ausland „importiert“ und siedeln sich an. So wie sich unser Klima verändert, verändert sich auch unsere Artenvielfalt. Artenschutz wie Umweltschutz, so erklärt mir Andreas, bedeutet auch immer Verzicht. Dieser muss allerdings nicht negativ behaftet sein, sondern sollte eher als positive Weiterentwicklung gesehen werden. Vielleicht erlernen wir ja wieder etwas mehr zu verzichten, damit unsere Bienen, Wespen und Hornissen wieder etwas mehr haben.
Text: Laura Welker
Hallo ich habe in achern am Bahnhof ihren Ausweis gefunden hoffe sie bekommen die Nachricht hier. Würde ihn morgen mit der Post zu Ihnen schicken