„Was macht für dich die Architektur von Heilbronn aus?“
„Wenn ich an Heilbronn und seine Architektur denke, fällt mir auf, dass sich das Moderne immer mehr durchsetzt. Auf der einen Seite die futuristischen Gebäuden im Gewerbegebiet Schwabenhof, wie zum Beispiel die Q-Big Architektur, auf der anderen Seite das hässliche Wollhaus in der Innenstadt. Ich denke, die modernen Viertel, wie auch das BUGA-Gelände mit dem Wohngebiet Neckarbogen, setzen sich in Heilbronn immer mehr durch. Endlich wird auch der Neckar mit in das Stadtbild eingebunden.
Jedoch gibt es auch Verlierer bei dieser Entwicklung. Die Neubauten erreichen bedingt durch den Immoboom immer höhere Preise, sodass sich kleine Familien schwer tun, sich solche Wohnungen leisten zu können. Ich hoffe, dass hier noch sehr schöne und mutige Gebäude gebaut werden.“
„Heilbronn ist für mich keine Stadt mit besonderer Architektur. Im Krieg komplett zerstört und dann schnell wieder aufgebaut – da war wenig Platz für Raffinesse oder ein stimmiges Stadtbild. In der Architektur von Heilbronn erkennt man seine Einwohner: eine Arbeiterstadt, die auch einige gut vernetzte reiche Deutsche beherbergt.
Wo Geld im Spiel ist, bewegt sich auch was und so wird rücksichtslos abgerissen und stumpf ohne erkennbare stadtplanerische Strategie gebaut. Da reißt man auch gerne mal ein altes Theater oder das Jägerhaus-Krankenhaus ab, welches unbeschadet den Bombenangriff überlebt hat… Nach neustem Plan scheint auch das Asia-Noi-Gebäude in der Gartenstraße als eines der ältesten Häuser Heilbronns einem Bauvorhaben im Wege zu stehen. Wer Geld hat, baut wo und was er will – und so sieht Heilbronn auch aus…“
„Die Architektur von Heilbronn ist für mich geprägt von einem stetigen Wandel. Von einer sicherlich wunderschönen (Alt-)Stadt vor dem Krieg hin zu hässlichen Neubauten, die bereits auch schon wieder teilweise abgerissen gehören, hat sich vor allem in den vergangenen fünf Jahren architektonisch vieles zum Vorteil entwickelt.
Angefangen von gelungenen neuen Projekten in der Stadt wie der Experimenta oder dem Marrahaus mit der Neckarmeile hin zum Bildungscampus kommen immer mehr neue Impulse dazu. Ich bin auch schon sehr gespannt, wie sich das Stadtbild noch einmal weiter entwickelt hat, sobald alles für die BUGA fertig ist.“
„Man könnte das gesamte Heft mit Aufzählungen der Bausünden der letzten Jahrzehnte inklusive total unschuldiger Verwaltungsbeamter füllen, aber die kennen wir ja alle und wir wollen ja hoffend in die Zukunft blicken. Doch fehlt es den Krämerseelen und Oberlehrern an einer Zukunftsvision und dem Sinn für Ästhetik? Verlässt man sich lieber auf eine Handvoll Unternehmer, die „das schon richten werden“? Auch bei denen finden sich zwar ein Haufen Schotter aber selten Mut für neue Wege. So auch die „unbetreute Innenstadt“, in der Leerstand aus Ideenlosigkeit und Gier herrscht.
Ja, ein paar Aushängeschilder entstehen. Die Neckarpromenade, Südbahnhof und Schwabenhof, die architektonisches Interesse zeigen, aber natürlich auch monetären Grenzen der Bauherren unterworfen sind. So scheint kaum jemand richtig spielen zu wollen. Irgendjemand? Und was passiert dann am Ende mit dem Wasserschlösschen, dem Hochbunker an der Theresienwiese und der Reederei Schwaben? Architektonisch, aber vor allem inhaltlich? Es ist halt schon sehr bezeichnend, dass auf dem Areal der ehemaligen Essigfabrik nun ein Lidl steht.
Aber ja, die Experimanta wird toll! Und Dieter zahlt euch sicher auch noch die Brücke. Ich denke da lieber in Vierteln. Das Südviertel als eines der am besten erhaltenen Altbauviertel entwickelt sich wundervoll, aber auch die Bahnhofsvorstadt um den Bunker am Hartmans und der Jäckbar erlebt gerade eine Blütephase mit besonderem Charme. Wegen den Menschen. Wenn die Damen und Herren nun den zweiten Bauabschnitt nach der BUGA nicht verbocken, gibt es reelle Chancen auf positive Entwicklung. Oder halt weiter Viertelesschlotzen beim Hesser und Schulterklopfen im Kreis, gell?“
[SC]
Mehr zur Architektur von Heilbronn findet ihr in unserer aktuellen Ausgabe für Juli & August 2017!
1 Kommentar