Handel(n) im Wandel

Ein Kommentar von Fabian Fauser

Fabian Fauser hat beim traditionsreichen Modehaus Hochheimers gelernt, heute arbeitet für den Möbel-Conceptstore performa – und erlebt daher im Job jeden Tag, welche Auswirkungen fast ein Jahr Corona auf den stationären Handel hat. Dass die Kund*innen zu Hause bleiben müssen, macht sich aber nicht nur ganz direkt beim Kassensturz der Geschäfte bemerkbar. Auch die ganzen Innenstädte, in denen die Läden beheimatet sind, leiden unter dem ausbleibenden Publikumsverkehr. Was das bedeutet, hat Fabian in einem Kommentar für uns zusammengefasst.


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Onlineshopping, Corona und die Innenstädte

Die Innenstädte sind tot! Geschuldet ist dies der weiterhin andauernden Coronapandemie, die auf unsere Innenstädte wie ein Brandbeschleuniger wirkt. Das immer schneller werdende Ladensterben, das sich in den letzten beiden Jahrzehnten aufgrund des technologischen und gesellschaftlichen Wandels schleichend verstärkte, gleicht jetzt einem rasanten, unaufhaltsamen Fall.

Viele von uns stillen ihren Konsum in den virtuellen Welten des Internets. Die verhängten Corona-Maßnahmen zwingen uns zum Gang in die virtuellen Shoppingmalls des World Wide Web. Die nötigsten Dinge bekommen wir noch im Lebensmitteleinzelhandel oder in systemrelevanten Geschäften. Ein über Jahrhunderte gewachsenes Einkaufserlebnis bleibt hierbei jedoch aus. Der Gang in die Discounter und Geschäfte befriedigt nur noch unsere grundlegenden, alltäglichen Bedürfnisse. Wo bleibt das Lebensgefühl? Mode, Möbel, Accessoires, Kosmetik, Elektronik und vieles mehr werden von zu Hause aus bestellt. Geshoppt wird virtuell und global, die Waren werden um die Welt geschickt und landen auf unserem Sofa.

„Onlinehändler sind die größten Profiteure der Krise – und die Innenstädte die größten Verlierer.“

Die großen Onlinehändler jagen in dieser Zeit von einem Umsatzrekord zum anderen. Noch nie wurde so viel online konsumiert wie heute. Der Blick auf die Börse bestätigt, dass unter anderem Onlinehändler die größten Profiteure dieser Krise sind. Und die Innenstädte die größten Verlierer.

Wird irgendwann alles wieder wie früher?

Die Attraktivität der Innenstädte schrumpft rapide, die urbane Shoppingmeile kann nicht mehr mit dem fulminanten Angebot und dem Komfort des Onlinehandels mithalten. Einzelhändler der Innenstädte sind die Leidtragenden, viele Geschäfte schließen, der stationäre Einzelhandel bangt um seine Zukunft. Dieser Wandel zeigt sich auch in Heilbronn. Leerstände, Räumungsverkäufe, Kümmernutzungen und Ladenschließungen prägen das Stadtbild. Stadt muss neu gedacht werden. Der urbane Lebensraum erfordert neue, nachhaltige Konzepte. Popup-Stores, kreative Nutzungen oder die Umwidmung in Wohnraum können einer Verödung der Innenstädte entgegenwirken und bieten die Chance auf eine neue, urbane Attraktivität.

„Der urbane Lebensraum erfordert neue, nachhaltige Konzepte.“

Ein Hoffnungsschimmer ist die Wiedereröffnung des stationären Einzelhandels nach Lockerung der Corona-Maßnahmen. Das nötige Kleingeld für exzessive Shoppingtouren ist vorhanden. Zumindest ist das Geldvermögen der Deutschen im Corona-Jahr 2020 auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Doch der Kauf einer tollen Klamotte, gutes Essen im Restaurant, der Besuch eines Clubs oder coole Städtereisen sind derzeit nicht möglich.

Der Innenstadtbummel als Lebensgefühl

Wie können wir unser Lebensgefühl beim gezielten Gang in die Innenstädte wiederentdecken? Denn es ist ein bestimmtes Lebensgefühl, mit dem besten Freund oder der besten Freundin durch die Innenstadt zu bummeln, sich treiben und von den Schaufenstern inspirieren zu lassen. Und eine entspannte Shoppingtour mit einem Espresso oder einem Glas Wein in der Lieblingsbar zu beenden. Insbesondere in Heilbronn, das nicht die Attraktivität eines historischen Stadtkerns wie Heidelberg oder Schwäbisch Hall bietet.

„Wir sind es gemeinsam, die definieren, wie sich unsere Stadt von morgen anfühlt.“

Das Erlebnis eines Innenstadtbummels wollen und dürfen wir nicht ad acta legen. Nach Abflauen der Coronakrise kann hierzu jeder Einzelne seinen Teil beitragen: Besucht die Einzelhändler und Gastronomen in der Innenstadt! Belebt das Lebensgefühl, das wir vermissen. Wir sind es gemeinsam, die definieren, wie sich unsere Stadt von morgen anfühlt. Einschließlich der politischen Entscheidungsträger, die dem strukturellen Wandel mutige, kreative Rahmenbedingungen entgegenstellen müssen.