Deshalb bekommen drei Heilbronner:innen 5.000 € fürs Nichtstun
Heilbronn ist ein Jahr lang die Hauptstadt der Folgenlosigkeit. Was verbirgt sich nun aber dahinter und was hat es mit dem Bund der Folgenlosen auf sich? Wir haben Philipp Wolpert und Tobias Frühauf, Gründer des Theaterlabels Tacheles und Tarantismus, getroffen. Sie haben in dem aktuell laufenden Projekt die künstlerische Leitung. Zusammen mit Friedrich von Borries, Architekt und Professor für Designtheorie aus Berlin, der sich unter anderem auf gesellschaftliche Entwicklung konzentriert, sind sie zwei der Initiatoren.
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Was hat es mit dem Bund der Folgenlosen und eurem Nichtstun-Projekt auf sich?
Hauptsächlich geht es um die Frage, wie ein Leben aussieht, das keine negativen Folgen für andere Menschen, Lebewesen und Materie hat. Es ist ein diskursives Kunst- und Stadtentwicklungsprojekt. Das Projekt läuft seit Mai 2022 und geht noch bis April 2023. In diesem Jahr gibt es zahlreiche unterschiedliche Veranstaltungen. Herzstück des Projekts ist das Stipendium für Nicht(s)Tun. Drei Bürger:innen von Heilbronn erhalten 5.000 Euro, um etwas nicht zu tun und sollen dieses Nichtstun drei Monate ausprobieren. Einzige Teilnahmebedingung: Alle, die sich bewerben und mitmachen, müssen am Ende auch für drei Monate dem Vorbild der Gewinner:in folgen, denn im Herbst kommen alle nochmal zusammen. Der Bund der Folgenlosen setzt sich aus unterschiedlichen Projektpartnern wie zum Beispiel zahlreichen Bildungs- und Kultureinrichtungen zusammen.
Wie sieht die Umsetzung des Projekts im Detail aus?
Wie erwähnt werden insgesamt drei Gewinner:innen gewählt, welche jeweils 5000 Euro zur Umsetzung ihrer eingereichten Idee erhalten. Im Oktober wird dann entschieden, welches Modell der Prototyp für Heilbronn wird. Das Finale ist öffentlich, das heißt jeder kann sich an der Wahl beteiligen und so mitentscheiden.
Warum wurde Heilbronn hierfür ausgewählt?
Einmal, weil wir so viele Institutionen für die Idee begeistern konnten und wir als Verbund in dem Diskus, der das Projekt anstoßen kann, ein Potenzial sehen. Und weil sich Heilbronn rasant dynamisch weiterentwickelt und ein starker Wirtschaftsstandort ist. Natürlich auch mit positiven Folgen. Wir finden aber, dass es wichtig ist, vor dem Hintergrund des Klimawandels und der globalen Ungleichheit zu diskutieren, dass dieses Streben Teil des Problems unserer Gesellschaft ist.
Was denkt ihr, wie sich dieser Diskurs auf die Stadt, ihre Bewohner und ihre Umwelt auswirken wird?
In erster Linie geben wir lediglich den künstlerischen Impuls und beobachten, wie sich die Menschen darauf verhalten und welches Echo zurückkommt. Das Projekt ist sehr dynamisch angelaufen, viele verschiedene Ideen sind eingegangen. Und die Vielfalt der Bewerber:innen zeigt, dass allgemein Interesse vorhanden ist. Wir möchten in unserer schnelllebigen Zeit die Leute herausfordern und zum Nachdenken anregen. Wir sind davon natürlich nicht ausgenommen, die Thematik betrifft uns genauso. Es ist ein offener Prozess und wir lassen uns gerne überraschen.
Das Finale findet im am späten Abend des 15. Oktobers 2022 im Mobilat als Abschluss der langen Nacht der Kulturen statt. Hier sind also alle herzlich eingeladen, das Gewinnermodell zu wählen. Bis ins nächste Jahr hinein wird es daraufhin immer wieder verschiedene Veranstaltungen in Verbindung mit dem Projekt geben. Infos dazu findest du auf der offiziellen Website www.bund-der-folgenlosen.de. Wir danken Tobi und Philipp für das Interview und sind gespannt!
Interview: Yagmur Kapik-Selek für @my_diesunddas | Fotos: Nico Kurth
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