Zwischen Erinnerung und Erleben

Caroline Peters: Ein anderes Leben

„Ein anderes Leben“ von Caroline Peters

Hanna hat drei Töchter, nachdem sie nacheinander ihre drei Jugendfreunde geheiratet hat. Die Mädchen wachsen gemeinsam in der dritten Ehe auf – doch Hanna zieht am Ende aus. Ihre jüngste Tochter lässt das Leben ihrer Mutter Revue passieren. Kann es sein, dass es erst begann, als sie allein sein konnte?

Caroline Peters ist eine der beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands. Sie hatte nicht nur in der herrlich selbstironischen Dorfkrimisendung „Mord mit Aussicht“ die Hauptrolle inne, sondern auch auf renommierten Bühnen wie dem Wiener Burgtheater spielt. Ihr Erstlingswerk ist keine Selbstdarstellung im Plauderton, sondern die sanfte, bittersüße Zeichnung einer Frau, die in ihrer Menschlichkeit und Mutterrolle oft von der eigenen Familie missverstanden wird.

„Die Schuld und der Zorn und die Liebe dazwischen“ – Peters erzählt mit schnörkelloser, kraftvoller Sprache vom Kindsein und Heranwachsen, von unausgesprochenen Erwartungen und Streits, die erst nach Jahrzehnten in Gedanken zu Ende gestritten werden. Die Protagonistin erhält keinen Namen, denn im Mittelpunkt der Geschichte steht Hanna, zumindest in der Retrospektive. Im echten Leben verschwindet die unkonventionelle Frau, die im Kopf Gedichte schreibt und im Bett Champagner trinkt, immer wieder zwischen den drei Töchtern, drei Vätern und dem Ehemann Papa Bow. Für ihre Träume und Ideen ist buchstäblich kein Platz im Haus. Deshalb sucht sie sich diesen schließlich in einer eigenen Wohnung.

Das ungewöhnliche Familienleben rollt die Handlung nicht chronologisch auf, sondern in einer Flut von Erinnerungen. Einerseits betrachtet man Hanna durch die Augen eines unschuldigen Kindes und einer rebellischen Teenagerin. Andererseits wird sie von einer Frau mittleren Alters neu entdeckt, die ihrer Mutter auf Augenhöhe begegnen kann. Man selbst nimmt jede Rolle ein und spürt sowohl die wilde Frustration des Momentes als auch die ruhige Akzeptanz der Vergebung. Doch es geht nicht nur um die großen Dramen einer Mutter-Tochter-Beziehung. Sondern genauso um leichte Momente der Nähe, die Eigenheiten der Eltern, die man zunächst schrullig findet und später behutsam aufbewahrt und abstaubt. Ein Buch, das man nicht aus der Hand legt, bevor es auserzählt ist.

Caroline Peters ist die Tochter der Literaturwissenschaftlerin Johanne Peters. Sie wurde für ihre Arbeit als Schauspielerin unter anderem mit dem Adolf-Grimme-Preis, dem Bayerischen Fernsehpreis und dem Deutschen Schauspielpreis ausgezeichnet. „Ein anderes Leben“ ist ihr erster Roman und erschien am 15. Oktober 2024 im Rowohlt Verlag.

Text: Dana Wedowski

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