Kopfkino der etwas anderen Art mit „Beau Is Afraid“
Ari Aster gilt als einer der besten neuen Regisseure unserer Zeit. Seine bisherigen zwei Werke „Hereditary“ und „Midsommar“ gelten bereits jetzt als Klassiker und Meisterwerke des modernen psychologischen Horrorfilms. Mit „Beau Is Afraid“ erscheint nun sein dritter Film. In der Hauptrolle: der für „Joker“ dem mit Oscar prämierte Joaquin Phoenix.
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Zwischen Realität und Vorstellung
Die Geschichte beginnt mit einer Therapiestunde des Protagonisten Beau. Er bekommt ein neues Medikament gegen seine Ängste verschrieben und macht sich auf den Weg nach Hause. Außerhalb seiner Wohnung scheinen alle den Verstand verloren zu haben, sind gewalttätig und wollen ihm schaden. Dann wird auch noch vermeintlich sein Wohnungsschlüssel gestohlen und der geplante Flug zu seiner Mutter kann nicht mehr wahrgenommen werden.
Was folgt ist eine immer weiter fortscheitende Reise ins Surreale. Beau befindet sich auf einer Odyssey zum Erreichen seiner Mutter, bei der Realität und Vorstellung immer weiter verschwimmen. Gerade die erste Stunde ist eine einzige filmische Auseinandersetzung mit Angstzuständen und Albträumen. Eine klare, definierbare Handlung lässt sich schwer festlegen – zumal die Handlung immer wieder ins Groteske und humoristische kippt. So unternimmt man eine Reise in den Verstand von Beau, mit all seinen Ängsten, seinen Traumata, der Auseinandersetzung mit der Mutter, seiner Kindheit und seiner Zukunft.
Große Kunst oder großer Quatsch?
Ari Aster hat mit „Beau Is Afraid“ seinen ganz klar sperrigsten Film geschaffen. Dieser lässt sich keinem spezifischen Genre zuordnen, auch wenn Horrorelemente wie aus den Vorwerken erkennbar sind. Außerdem fordern Metaphern aus der klassischen Literatur oder Psychologie von Zuschauer*innen den Willen zur Interpretation. Jede Szene hat eine tiefere Bedeutung – aber gerade der Mittelteil der Spielzeit von drei Stunden zieht sich teilweise sehr. Der Film wirkt dabei auch wie eine persönliche Auseinandersetzung Asters mit der eigenen Psyche. Da er sich jedoch jeglicher Aussage zur Interpretation verwehrt, bleibt es ein Rätsel, ob biografische Details aus dem Leben des Regisseurs eine Rolle spielen.
Aber ist „Beau Is Afraid“ jetzt eigentlich ein guter Film? Joaquin Phoenix spielt die Rolle des Beau herausragend, die Inszenierung regt wirklich zum Nachdenken an und auch die visuelle Umsetzung ist gelungen. Es bleibt jedoch das Gefühl, dass Aster den Film in erster Linie für sich selbst gemacht hat. Ein nicht kleiner Teil des Publikums wird diesen Film wohl für großen Quatsch halten. „Beau Is Afraid“ ist kein neues Meisterwerk des Regisseurs, dafür ist der Film zu verkopft, zu langatmig und verliert sich in seinen eigenen Ideen. Dennoch ist das hier einer der interessantesten Filme des Jahres, wenn man sich darauf einlässt. Und Ari Aster zementiert weiter seine absolute Ausnahmestellung im modernen Kino.
„Beau Is Afraid“ läuft seit dem 11. Mai 2023 in den deutschen Kinos.
Text: Kai Möller | Bild: A24
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