Nichts Neues

Im Westen nichts Neues (2022) - Review (1)

Wie aus einem Antikriegsroman ein Actionkriegsfilm wurde

„Im Westen nichts Neues“ ist der deutsche Kandidat für den Oscar 2023. Es handelt sich hierbei um eine Neuverfilmung von Edward Berger des gleichnamigen Romans von Erich Maria Remarque, der als Klassiker der Antikriegsliteratur gilt.


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Der Film beginnt 1917 mit Paul Bäumer (Felix Kammerer) und seinen Freunden Albert und Müller, die sich freiwillig zum Kriegsdienst melden. Die anfängliche Euphorie schwindet bereits beim ersten Erblicken der Leichen auf dem Weg nach Frankreich und ist spätestens in den erbarmungslosen Grabenkämpfen gänzlich verloren. In den Schützengräben lernen sie Stanislaus Katczinsky (Albrecht Schuch) kennen, der für sie zu einer Art Vorbild wird. Parallel zu Kriegsgeschehnissen versucht der von Daniel Brühl gespielte Matthias Erzberger, einen Waffenstillstand mit den Alliierten auszuhandeln.

Im Westen nichts Neues (2022) - Review (4)

„Im Westen nichts Neues“ zeigt den Alltag der Soldaten und die Brutalität des Krieges. Die Kampfszenen sind pompös und brutal inszeniert. Visuell ist der Film zu jeder Zeit sehr gut und teilweise auch beindruckend. Es stellt sich nur schnell die Frage: Sollte ein Antikriegsroman als brutaler Actionkriegsfilm inszeniert werden? Jede Szene schreit förmlich „Seht her, wie brutal Krieg ist!“, ist dann aber sehr voyeuristisch inszeniert.

Im Westen nichts Neues (2022) - Review (2)

Gerade die ruhigen Szenen schaffen es daher nicht, den Charakteren eine wirkliche Tiefe zu geben. Viele der emotionalen Szenen sind fast schon theatralisch überzeichnet. Der Score versucht, diesen Momenten mehr Gewicht zu verleihen, gerät dabei aber oft seltsam deplatziert. Die Schwächen des Films kommen besonders in der letzten halben Stunde zum Tragen, das Ende wirft dabei auch die eigentliche Bedeutung des Romantitels über Bord.

Im Westen nichts Neues (2022) - Review (3)

Edward Bergers Interpretation ist an sich kein schlechtes Werk, schafft es aber nicht, dem Antikriegsfilm neue Facetten hinzuzufügen. Es scheint fast so, als wäre sich der Film nie sicher, ob er „Der Soldat James Ryan“, „Der schmale Grat“ oder „Komm und sieh“ sein möchte. So scheitert er im direkten Vergleich an jedem seiner Vorbilder.

„Im Westen nichts Neues“ ist seit Ende September 2022 in ausgewählten Kinos sehen. Seit dem 28. Oktober 2022 gibt es den Film auch auf Netflix zu sehen.

Text: Kai Möller | Fotos: © Reiner Bajo