„Nach dem Ausmisten bist du erschöpft, erleichtert und stolz auf dich“

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Ordnungscoach Natalie Gaida im Interview

Kleiderschränke und Regale ausmisten, mal wieder richtig Ordnung ins eigene Zuhause bringen – das ist doch ein tolles Projekt fürs neue Jahr. Umso besser funktioniert das, wenn man dabei fachkundige Unterstützung hat. Natalie Gaida aus Heilbronn ist systemische Familientherapeutin – und außerdem professionelle Aufräumberaterin. Was genau sich hinter ihrem Service „Die Ausmisterei“ verbirgt, hat sie uns jetzt im Interview erzählt.


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Wie „Die Ausmisterei“ entstanden ist

Natalie, wie wird man eigentlich professionelle Ausmisterin?
Ausmisterin ist der Begriff, der mir spontan bei einer Autofahrt eingefallen ist. Geläufiger für meine Tätigkeit ist die Bezeichnung „Ordnungscoach“. Tatsächlich ist der Begriff des Coaches nicht geschützt. Jeder könnte sich also Coach oder Ordnungscoach nennen. Es gibt mittlerweile auch Institute, die Ordnungscoaches ausbilden. Bei mir war es so, dass ich schon in der Grundschule bei und mit Freundinnen ausgemistet habe. Der Wunsch, dies auch professionell auszuüben, ist somit schon weit vor den Trends von Minimalismus und Marie Kondo entstanden. Durch meine lebenslange Erfahrung im Ausmisten in Kombination mit meinen Berufen Sozialpädagogin, Psychologin und systemische Therapeutin fühle ich mich kompetent, mich auch ohne Zertifizierung Ordnungscoach zu nennen.

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Was ist der Auslöser für die Menschen, die sich bei dir Unterstützung suchen? Gibt es da bestimmte Gemeinsamkeiten?
Die Gemeinsamkeit ist auf jeden Fall, dass meine Kunden und Kundinnen es bisher nicht alleine geschafft haben, erfolgreich und nachhaltig auszumisten. Oftmals verspüren sie sogar seit Jahren einen Leidensdruck und Überforderung mit einem Zuviel an Dingen. Sie haben es schon häufiger vergeblich versucht, Herr(in) der Lage zu werden. In einem übervollen Zuhause verliert man den Überblick, ist gestresst und kommt schlechter zur Ruhe. Auch Scham, Streit mit Familienmitgliedern und Versagensgefühle können hinzukommen.

So funktioniert das Ausmisten mit Natalie

Mal angenommen, ich bräuchte deine Hilfe beim Ausmisten: Was kommt da auf mich zu und wie läuft deine Arbeit mit mir ab?
Zunächst gibt es ein kostenloses und unverbindliches Vorgespräch. Dabei schauen wir, ob man überhaupt zueinander passt. Das ist wichtig, denn schließlich bekomme ich Einblicke in deine Privatsphäre, wofür eine Vertrauensbasis Voraussetzung ist. Ich lasse mir dann Fotos schicken, damit ich im Vorfeld eine grobe Abschätzung von Zeit- und Kostenaufwand abgeben kann. Dann geht es los, je nach Entfernung virtuell oder vor Ort. An dem nachfolgenden Punkt unterscheide ich mich von vielen Ordnungscoaches: Wir finden gemeinsam heraus, warum du so viel angesammelt hast. Dieser Part kann emotional werden, denn oftmals stecken negative Glaubenssätze dahinter, die du schon jahrelang mit dir herumträgst. Durch das Auflösen dieser Glaubenssätze können die Gründe für das Ansammeln beseitigt werden, sodass du auch in Zukunft besser Ordnung halten kannst.

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Danach machen wir einen Plan und misten gemeinsam aus, wobei ich stets motiviere und strukturiere. Du behältst dabei die Kontrolle und bestimmst, was gehen und was bleiben darf. Beim Ausmisten entsteht erstmal ein größeres Chaos, was die Menschen alleine oftmals überfordert. Ich garantiere aber, dass das nur ein vorübergehender Zustand ist. Wichtig ist auch, dass festgelegt wird, was mit den aussortierten Sachen passiert. Werden sie gespendet, entsorgt, verkauft oder verschenkt? Sie sollten nicht einfach nur im Keller landen. Auch hier stehe ich dir mit Rat und Tat zur Seite. Nach dem erfolgreichen Ausmisten bist du dann wahrscheinlich erschöpft, erleichtert und stolz auf dich.

Ordnung im Schrank, Ordnung im Kopf

Die Schränke neu sortieren und allgemein wieder Ordnung ins eigene Leben kriegen, geht das eigentlich Hand in Hand?
Total! Natürlich gibt es auch Menschen, die sich mit sehr viel Besitz wohlfühlen, damit zufrieden sind und zurechtkommen. Aber wenn ich häufig Dinge verlege, aus mangelndem Überblick versehentlich doppelt kaufe und die Schränke vollgestopft sind, fühle ich mich zu Hause nicht wohl. Auch leidet das Selbstwertgefühl darunter, wenn ich im Chaos lebe, während andere mühelos Ordnung bei sich halten können. Manche gehen häufig Shoppen, um sich zu belohnen, sich abzulenken oder weil sie glauben, dass ihr Leben durch ein bestimmtes Produkt endlich besser wird. Die Wahrheit ist, dass der Ausstoß der dabei empfundenen Glückshormone immer nur von kurzer Dauer ist. Man fühlt sich danach wieder wie zuvor oder wegen eines schlechten Gewissens sogar noch schlechter.

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Durch das äußere Ausmisten schafft man Erfolgserlebnisse und kommt im Inneren zu mehr Klarheit. Man kann wieder aufatmen, schafft Platz für Inspiration und neue Ideen. Dann kann beispielsweise aus der Rumpelkammer endlich ein Ort für Hobby, Fitness oder Entspannung werden. Es gibt weniger Streit zu Hause, man spart Zeit durch weniger Suchen und kann sich leichter auf das Wesentliche im Leben fokussieren. Umgekehrt kann es sein, dass innere Erkenntnisse dazu führen, endlich das Außen angehen zu können. Deshalb finde ich die Auseinandersetzung mit der eigenen Psyche so wichtig und biete auch ein inneres Ausmisten an, das auch ohne äußeres Ausmisten buchbar ist. Ich unterstütze zudem Hinterbliebene beim Aussortieren von Dingen, die einem geliebten Menschen gehört haben.

Ausmisterei liegt voll im Trend

Spätestens seit Marie Kondo ist das Ausmisten im Kleiderschrank ja in aller Munde. Merkst du bei deine Kund*innen, dass durch solche Formate ein anderes Bewusstsein fürs Aufräumen in den eigenen vier Wänden bewirkt haben?
Auf jeden Fall überträgt sich dieser Trend auf die eigenen vier Wände. Mittlerweile gibt es so viele Produkte – insbesondere Kleidung – sehr günstig und im Überfluss. Durch Social Media und steigende Anforderungen im Alltag und im Beruf sind wir mittlerweile viel mehr Reizen und auch Möglichkeiten ausgesetzt. Der Trend zur Reduktion auf das Wesentliche hat also auch einen entlastenden Effekt auf die Psyche. Zudem spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle und landet heute in den Köpfen der Menschen nicht mehr in der Ökoschublade, sondern ist voll im Trend und wird stylish ausgelebt.

Gibt es bestimmte Ausmisterei-Einsätze, die dir selbst besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Die gibt es durchaus. Beispielsweise ein Mann, der unter dem Messie-Syndrom und weiteren psychischen Erkrankungen gelitten hat. Das Ausmisten war seinerseits leider nicht ganz freiwillig. Da es aber äußeren Druck gab, machte er mit, um seinen Wohnraum nicht zu verlieren. Ein besonderes Eingehen auf ihn, so wie eine intensive Vor- und Nachbereitung waren wichtig. Beim Messie-Syndrom kann es nämlich sein, dass das Aussortieren von Besitz als Verlust der eigenen Identität erlebt wird. Niemand möchte sich selbst verlieren! Wir haben es dann letztendlich gut gemeinsam hinbekommen und große Mengen aus seiner Wohnung herausgetragen. Grundsätzlich erinnere ich mich durch die immer intensive Zusammenarbeit und den großen Spaß, den ich dabei habe, noch an alle meine Ausmisterei-Einsätze.

[FD]


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