Julian Braun von der Eventagentur TWINSISTERS im Interview
Wenige Wirtschaftszweige hat die Corona-Pandemie so hart getroffen wie die Veranstaltungsbranche. Auch bei den TWINSISTERS, die sonst für Events vom Musikkonzert über die Sportveranstaltung bis hin zur Firmenpräsentation hinter den Kulissen ihre Expertise unter Beweis stellen, blieben ab dem Frühjahr fast alle Aufträge aus. Warum das Team trotzdem nicht den Kopf in den Sand steckt, das hat uns der frischgebackene Geschäftsführer Jules erzählt.
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Julian über TWINSISTERS
Hey Jules, erzähl doch erst mal ein bisschen was über deinen Werdegang und wie du letztendlich bei TWINSISTERS gelandet bist.
Durch meine jahrelange Tätigkeit in der Eventbranche habe ich 2015 beschlossen, meinen Beruf als Feinwerkmechaniker aufzugeben und noch eine weitere Ausbildung zu machen. Kurz Lehrstelle suchen, Ausbildung machen, weiter gehts. Ich habe Ende 2017 meine Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik in einem kleinen lokalen Unternehmen hier in der Gegend beendet. Dann habe ich versucht, mich im Unternehmen einzubringen, aber die Lage war eher aussichtslos, in diesem Betrieb irgendwas in Richtung Moderne zu verändern. Daraufhin habe ich mich nach Stellen umgesehen, wodurch ich dann auf TWINSISTERS um Elke gestoßen bin und dort eine Stelle als Fachplaner für Rigging und Traversentechnik gefunden habe. Durch meine guten Kontakte in der Heilbronner Region wuchs der Kundenstamm um uns schnell heran, gerade auch für jüngere Kundschaft – DJs, Clubs, Veranstalter.
Wir sind Full-Service-Dienstleister, was bedeutet: Du bekommst bei uns alles, angefangen bei der passenden Location für dein Event über die passende Beschallung sowie das effektvolle Licht, aber auch die passenden Möbel, Deko und den richtigen Caterer haben wir im Repertoire. Man sieht uns selten irgendwo, da wir immer im Hintergrund agieren, sprich im technischen sowie im organisatorischen Bereich.
Gibt es bestimmte Events in eurem Portfolio, an die ihr immer gerne zurückdenkt oder auf die ihr besonders stolz seid?
Ich will nichts Spezielles hervorheben, da jedes Event seine Vorzüge hat. Jede Veranstaltung ist für sich einzigartig in ihrer Planung und Umsetzung, wir wollen ja nichts von der Stange verkaufen. Am meisten Spaß machen trotzdem die lokalen Sachen, wie zum Beispiel der technische Support sämtlicher Veranstaltungen im Mobilat, welche uns immer viel Spaß bereiten.
Zwischen Demos und Durchhalten
Seit ungefähr einem halben Jahr gibt es jetzt ja bekanntermaßen so gut wie keine öffentlichen Veranstaltungen mehr. Heißt das für euch, dass ihr praktisch seit dem Frühjahr keine Aufträge mehr habt oder habt da alternative Wege gefunden?
Ja, ich habe quasi ab Ende Februar zugeguckt, wie die Auftragsbücher sich langsam leeren. Entweder aus Vorsicht der Kunden oder aus behördlichen Gründen. Danach war erst mal Leere und Verwirrung, was denn überhaupt gerade passiert, da alles sehr surreal wirkte. Wir haben dann aber recht schnell geschalten und machen nun Montagearbeiten für verschiedene Unternehmen, da wir handwerklich ja doch sehr begabt sind. Und die eine oder andere Industrieveranstaltung, wie zum Beispiel Konferenzen oder Präsentationen, gibt es ja ab und an doch noch.
Ihr habt Anfang September über eure Social-Media-Kanäle zu einer Großdemonstration zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft in Berlin aufgerufen – mit dem Zusatz „Covidioten, Nazis & Aluhüte keine Chance!“ Erschwert es euer Anliegen aktuell, weil man bei Demos für die eigene Sache schnell mit solchen Leuten in einen Topf geworfen wird?
Ja, tut es. Ich meine, unsere Branche schafft es sogar, in Berlin mit 10.000 Leuten Corona-Regel-konform zu demonstrieren. Mit Abstand, Masken und so weiter. Und dann gibt es da diese Menschen, die eben aus ihren Gründen auf die Straße gehen und das rein willkürlich, ohne irgendwelche Regeln zu beachten. Diese Regeln sind nun mal aktuell unsere Existenzgrundlage.
Wenn die Regeln nicht eingehalten werden, gibt es keine Veranstaltungen. Ich denke, ich spreche hier für viele. Auch für die lokale Gastro- und Veranstaltungsbranche, die dieses Spiel zu gut kennt momentan. Und wir demonstrieren eben nicht, weil wir uns eingeschränkt fühlen, sondern weil wir durch das alles nicht mehr wirklich arbeiten können.
Was bringt die Zukunft?
Die Einschränkungen wurden mittlerweile ja wieder etwas gelockert, aber von der Normalität sind wir – wahrscheinlich bis mindestens ins Jahr 2021 hinein – noch weit entfernt. Wie geht man da als Veranstaltungsagentur mit Zukunftsplänen um?
Da viele Veranstaltungen ja oft lange Zeit im Voraus geplant werden, haben wir schon zu tun. Die Kunden sind zuversichtlich, dass wir im Frühjahr langsam wieder starten können. Natürlich sind große Investitionen erstmal auf Eis gelegt und man behilft sich mit Alternativlösungen. Sowohl was unsere Seite betrifft, als auch die Seite der Kunden. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch das alle zusammen schaffen. Corona hin oder her habe ich zum 1.8. das Unternehmen übernommen und wir schauen nach vorne, dass es weiter geht.
Gibt es Möglichkeiten für Eventfreunde, euch zu unterstützen?
MIETET EURE TECHNIK BEI UNS! Das wäre das Einfachste. Ich denke, das Wichtigste ist: Mietet bei den lokalen Technikfirmen in eurer Gegend, denn alle sind betroffen – wir sind ja nicht die Einzigen. Überlegt euch vielleicht mal, ob ihr den Lautsprecher für die Party einmal im Jahr unbedingt kaufen müsst oder ob ihr den Technikdienstleister eures Vertrauens mit ‘nem kleinen Geld durch ‘ne Vermietung unterstützen könnt. Ich meine, am Ende hängt immer irgendeine Existenz dran.
[FD]
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