Der Internet Explorer gehört zu den bekanntesten Programmen der Webkultur. Vor 25 Jahren erblickte der Browser das Licht der Welt und begleitete die Digitalisierung als beinahe unerschütterlicher Zeitzeuge. Obwohl Microsofts Tor ins World Wide Web schon seit Jahrzehnten mit Kritik und Spott überzogen wurde, erfreute es sich lange großer Popularität. Spätestens im Jahr 2021 dreht die US-Firma dem Internet Explorer allerdings endgültig den Strom ab. Anlass genug für uns, noch einmal einen Blick zurück auf den Werdegang des Browser-Urgesteins zu werfen.
Aus dieser Phonk-Ausgabe:
Der Browserkrieg – Internet Explorer vs. Netscape Navigator
Wie viele große Geschichten beginnt auch die des Internet Explorers mit einem Konflikt: dem großen Browserkrieg der Neunziger. Wir schreiben das Jahr 1995, das Internet – und seine heutigen Platzhirsche – stecken teilweise wortwörtlich noch in den Kinderschuhen. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist 11 Jahre alt, Larry Page und Sergey Brin von Google lernen sich gerade als Informatikstudenten an der Stanford-Universität kennen. Selbst Steve Jobs steht damals noch vor seiner Rückkehr zu Apple und dem großen Erfolg der iMac-Rechner. Microsoft ist 1995 allerdings schon relativ dick im Geschäft. Mit Windows 95 veröffentlichte das von Bill Gates gegründete Unternehmen im Februar des Jahres das, was sich schon bald zu einem der erfolgreichsten Betriebssysteme der Welt entwickeln sollte.
Dem Internet hatte Microsoft bis dahin allerdings noch relativ wenig Beachtung geschenkt, ganz im Gegensatz zu Netscape. Mit dem Netscape Navigator hatte der Konkurrent bereits ein Jahr zuvor einen eigenen Browser auf den Markt gebracht, der über 80 Prozent Marktanteil für sich beanspruchte. Im Hause Microsoft denkt man aber zum Glück in die Zukunft. Obwohl damals nur etwa 16 Millionen Menschen – das sind 0,4 Prozent der Weltbevölkerung – Zugang zum World Wide Web haben, investiert der Tech-Riese massiv in seinen Browser. Über 100 Millionen US-Dollar flossen pro Jahr in die Entwicklung des Internet Explorers. Außerdem wurde das Programm zusammen mit dem äußerst erfolgreichen Windows 95 ausgeliefert, was die schnelle Verbreitung begünstigte. Innerhalb weniger Jahre steigt der Marktanteil des Internet Explorers daher auf über 90 Prozent, während der Netscape Navigator auf magere vier Prozent sank.
Siegeszug trotz Schwierigkeiten
Um die Jahrtausendwende nahm die Verbreitung von Internetzugängen weltweit stark zu. Allein in Deutschland erhöht sich die Zahl der Internetnutzer von 6,5 Prozent der Bevölkerung im Jahr 1997 auf fast 60 Prozent im Jahr 2007. Der Internet Explorer nimmt diesen beispiellosen Hype mit und ist in diesem Zeitraum beinahe durchgängig auf vier von fünf Rechnern weltweit der Standardbrowser. Trotzdem ist das Programm schon damals nicht gerade beliebt – sondern eher die naheliegendste Lösung. Tatsächlich ruht sich Microsoft lieber auf seinem Beinahe-Monopol aus, anstatt durch Innovationen zu glänzen. Durch Updates werden nur die gröbsten Sicherheitslücken gestopft – und von denen gibt es mehr als genug. Die hohe Verbreitung des Internet Explorers macht ihn nämlich zum attraktiven Ziel von Hackern, die Schwachstellen im löchrigen System ausnutzten. Gleichzeitig sorgt Microsofts Nachlässigkeit auch dafür, dass ein alter Bekannter wieder auf den Plan tritt.
Ernsthafte Konkurrenz von Firefox, Chrome & Co.
Nachdem der Navigator Ende der Neunzigerjahre praktisch in der Bedeutungslosigkeit verschwand, begann Netscape unter dem Dach der Mozilla Foundation damit, einen neuen Browser zu entwickeln. So ging Firefox im Jahr 2002 mit Version 0.1 an den Start. Die ersten Varianten des Browsers waren noch vergleichsweise ressourcenintensiv, dafür punktete Mozillas Alternative durch ein engagiertes Entwicklerteam. Spätestens mit Version 3.0 im Jahr 2008 wurden die Probleme des Speicherfressens eliminiert, so dass der Firefox schnell zu den beliebtesten Web-Anwendungen der Welt aufstieg.
Gegen Ende der Zweitausenderjahre tritt noch eine weitere Konkurrenz für den Internet Explorer auf die Bühne. Mit Chrome lanciert Google eine Software, die ähnlich erfolgreich wie die alles dominierende Suchmaschine werden sollte. Durch den Fokus auf Geschwindigkeit und Übersichtlichkeit rollt der Google-Browser das Feld quasi von hinten auf. Als die 2010er-Jahre anbrechen, teilen sich Chrome, Firefox und Internet Explorer die Gunst der User zu ungefähr gleichen Teilen. Als eigene Lösung für Apple-Systeme gewinnt außerdem Safari eine kleine, aber stabile Fangemeinde. Eine Kurve zeigt im Browser-Konkurrenzfeld jedoch eindeutig und relativ steil nach unten: die des Internet Explorers.
Das Ende des Internet Explorers
Bei Microsoft ist man – angestachelt durch die mittlerweile rege Konkurrenz – inzwischen bemüht, den Internet Explorer zu verbessern. Trotzdem sinken die Marktanteile 2015 auf ein Allzeittief: Nur noch um die 10 Prozent der weltweiten Nutzer vertrauen auf den Browser. Deshalb geht der Mutterkonzern mit der Veröffentlichung von Windows 10 im selben Jahr einen drastischen Schritt und macht Edge zum neuen Standardbrowser des Betriebssystems. Die Software ist zwar deutlich funktionaler als der Internet Explorer bei seiner Einführung 20 Jahre zuvor. Viele Nutzer dürften sich aber durch das relativ ähnliche Logo an den ungeliebten Vorgänger erinnert fühlen und lassen den Browser links liegen. Obwohl Edge auch in den kommenden Jahren trotz weiterer Verbesserungen nicht an Bedeutung gewinnt, stellt Microsoft die Weiterentwicklung des Internet Explorers schließlich im Januar 2020 komplett ein. Sicherheitsupdates erhält der Browser zwar weiterhin. Allerdings wird bis 2021 nach und nach die Unterstützung wichtiger Programme wie Teams oder der Microsoft-356-Apps beendet.
Der Internet Explorer verschwindet damit zwar nicht. Aber selbst hartgesottene Fans, die das Programm immer noch auf ihrem ächzenden Windows-XP-Rechner im Finanzamt Posemuckel nutzen, dürften keine Freude mehr daran haben. Microsoft bittet User des Explorers durch Banner und Pop-Ups darum, doch bitte endlich auf Edge umzusteigen. Und am 17. August 2021 gehen dann endgültig die Lichter aus, wenn der Support für den Internet Explorer endet. Wirklich schön war die Zeit mit ihm selten – aber irgendwie werden wir ihn vermissen. Immerhin war der Internet Explorer für viele von uns die allererste Lösung, um sich einen vernünftigen Browser auf das frische Betriebssystem herunterzuladen.
[FD]
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