JRPG-Meilenstein mit humanistischer Botschaft

Metaphor: ReFantazio – Ankunft in Aartira

„Metaphor: ReFantazio“ im Test

Die als Ableger der „Shin Megami Tensei“-Reihe gestarteten „Persona“-Spiele gelten seit einigen Jahren als die Speerspitze der japanischen Rollenspiele. Als Mischung aus Social Sim und klassischem JRPG konnten die Games viele Fans gewinnen und erfreuen sich spätestens seit „Persona 5“ auch im Westen großer Beliebtheit. Die Entwickler Atlus und Studio Zero wagen sich nun mit „Metaphor: ReFantazio“ zum ersten Mal an ein Fantasy-Rollenspiel. Dabei lassen sie die Handlung statt in Tokyo im fiktiven Königreich Euchronia stattfinden. Funktioniert dieser Ausflug in eine dunkle Fantasy-Welt?

Inhalt:

Eine Welt im Umbruch
Fantasy mit sozialkritischen Themen
Social Sim trifft JRPG
Alles mit Auge für die Details
Unser Fazit: Ein moderner Klassiker

Eine Welt im Umbruch

Als Spieler*in wird man direkt in die Welt von „Euchronia“ geworfen. Der König des Königreichs wurde ermordet. Der Protagonist (dessen Namen Spieler*innen selbst festlegen können), ein Anhänger des mit einem Fluch belegten Prinzen, der zur Rasse der „Elda“ gehört, macht sich auf den Weg in die Hauptstadt. Sein großes Ziel: den Prinzen von seinem Fluch zu befreien. Nach einigen frühen Wendungen findet ein Turnier statt, um den neuen König oder die neue Königin des Landes festzulegen. Anders als in der Vergangenheit wird die Nachfolge des Throns jedoch nicht durch Geburt bestimmt, sondern durch die Gunst des Volkes.

Um den Thron kämpfen nun der Protagonist, die fundamentalistische Kirche des Landes, der Mörder des Königs sowie viele weitere Personen und Fraktionen. Der Protagonist sammelt Mitstreiter und Anhänger um sich, die alle eigenen Interessen verfolgen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, die Welt von Euchronia zu bereisen und das königliche Turnier zu gewinnen. All das mit dem Traum, aus der Welt einen besseren gerechteren Ort zu machen.

Fantasy mit sozialkritischen Themen

Die Dynamiken innerhalb von Euchronia sind komplex: Rassen und Fraktionen werden eingeführt, doch die genauen Ziele bleiben unklar. Und es kann gut zehn Stunden Spielzeit dauern, bis die eigentliche Handlung ersichtlich wird. Schnell zeigen sich jedoch die großen Themen des Spiels. Jeder Charakter, der sich um den Protagonisten schart, wie der Adlige Strohl oder die Ritterin Hulkenberg, gehört einer anderen Rasse an. Jede dieser Rassen erlebt verschiedene Formen von Diskriminierung und Rassismus. Der im Spiel dargestellte Rassismus ist grausam und brutal: von der Ausgrenzung aus dem Handel und dem bürgerlichen Leben über strukturellen Rassismus bis hin zu Ermordungen und Übergriffen auf verschiedene Volksgruppen. Das Spiel schlägt sehr ernste Töne an.

Die Welt von Euchronia spiegelt dabei unsere eigene wider. Die von Grausamkeit und Schicksalsschlägen geprägten Charaktere träumen von einer Welt, in der niemand aufgrund seiner Rasse, Religion oder gesellschaftlichen Herkunft diskriminiert wird. Der Protagonist führt während seiner Reise auch ein „Fantasy“-Buch mit sich, in dem unsere Welt als perfekte Utopie dargestellt wird. Als Spieler*in weiß man jedoch, dass unsere reale Welt zwar in der Theorie die Bedingungen dieser Utopie erfüllt, zum Beispiel durch Gesetze und moralische Grundsätze. Doch die Realität, in der wir leben, ist weit entfernt von dieser idealen Vorstellung. „Metaphor: ReFantazio“ behandelt in der Spielzeit von 80 Stunden viele schwere Themen, wie soziale Ungleichheit, Rache, das eigene Versagen und andere psychologische Fragestellungen. Das Spiel geht in seiner Tiefe weit über die bloße Fantasy-Welt hinaus und stellt die Frage, wie unsere Realität mit den Idealen einer Utopie verglichen werden kann.

Social Sim trifft JRPG

Das Gameplay selbst ist wie bei „Persona“ eine Mischung aus Social Sim und klassischem JRPG, jedoch mit einigen Neuerungen. Die Handlung folgt einem Zeitplan: An bestimmten Tagen im Kalender muss der Protagonist wichtige Ereignisse der Haupthandlung absolvieren. In den Tagen zwischen diesen Hauptevents steht es Spieler*innen frei, wie sie ihre Zeit verbringen. Du kannst beispielsweise Nebenmissionen annehmen, neue Charaktere kennenlernen oder die Beziehungen zu bereits kennengelernten Charakteren vertiefen. Die Zeit ist jedoch meist knapp, und man muss genau abwägen, ob man lieber soziale Bindungen stärkt oder in einem Dungeon eine Mission erledigt und seine Truppe auflevelt. Aber Vorsicht: Da man anders als in „Persona“ nicht an einem festen Standort ist, sondern das gesamte Land bereist kostet jede Reise Zeit.

Das Kampfsystem ist eine Mischung aus klassischem rundenbasiertem JRPG und einem Echtzeit-Kampfsystem in der Oberwelt. Es stehen über 40 sogenannte „Archetypen“ zur Auswahl, wie Sucher, Magier oder Ritter. Vor jedem größeren Dungeon ist es wichtig, seine Truppe genau auf die jeweiligen Gegnertypen und deren Stärken und Schwächen abzustimmen, um erfolgreich zu sein. Persona-Spieler*innen werden sich hier vor allem wegen dem ähnlichen Elemente System schnell zu Hause fühlen.

Alles mit Auge für die Details

Jedes System im Spiel ist miteinander verknüpft: Die sozialen Beziehungen wirken sich beispielsweise auf die erlernbaren Archetypen aus. „Metaphor: ReFantazio“ ist ein komplexes Spiel, das von Spieler*innen verlangt, sich mit vielen Dingen auseinanderzusetzen. Auch wenn es anfangs etwas überfordernd wirken mag, belohnt das Spiel die Geduld im weiteren Verlauf immer mehr. Das generelle Artdesign ist außerdem herausragend: Jedes Menü, jede Schriftart und jede Figur wurden mit einer klaren künstlerischen Vision entworfen.

Außerhalb der „Persona-Reihe gibt es wohl nichts Vergleichbares, auch die musikalische Untermalung ist wie gewohnt ausgezeichnet und stimmig. Der japanische Anime-Stil des Spiels und der Charaktere bleibt jedoch Geschmackssache. Einige Umgebungen und Dungeons wirken leider so, als wären sie Überbleibsel der letzten Konsolengeneration. Doch auch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen.

Unser Fazit zu „Metaphor: ReFantazio“

Metaphor: ReFantazio“ ist ein großartiges Spiel und weit mehr als die Summe seiner Teile. Es ist gleichzeitig klassisch und modern, eine Liebeserklärung an JRPGs der frühen PlayStation-Ära, kombiniert mit modernen Elementen und Themen. Die Botschaft des Spiels ist dabei zutiefst humanistisch und pazifistisch. Dabei schafft es die Handlung, über die sehr lange Spielzeit hinweg zu fesseln, zu schockieren und zu begeistern. Es entwickelt sich beim Spielen ein unglaublicher Sog, bei dem man den Controller kaum aus der Hand legen kann. Nachdem sich Atlus und Studio Zero bei jedem Spiel weiter steigern konnten, erreichen sie mit diesem Titel einen neuen Höhepunkt und schaffen einen modernen Klassiker, an den man sich noch lange erinnern wird.

Metaphor: ReFantazio (Key Art)

„Metaphor: ReFantazio” erschien am 11. Oktober 2024. Das Spiel ist für PlayStation 4 & 5, Xbox Series und Windows PC erhältlich.

Text: Kai Möller | Bilder: Cosmocover

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