Sexual Upgrading – Von der Saftschubse zum Werbefutzi

Special Report 0521 - Kimberly (Sexual Upgrading)

Von Kimberly (28) aus Neckargartach

Am Empfangstresen unseres Messestandes sitzend wartete ich auf einen unserer Agenturkunden. Ich sollte ein Testimonial schreiben und mit ihm – eine selbsternannte Koryphäe auf dem Gebiet der Automatisierungstechnik – ein Interview führen. Die Kollegen hatten mich vorgewarnt: Er sei „speziell“. Eine Untertreibung! Als ich ihn dann (endlich, da völlig verspätet) auf mich zukommen sah, erhob ich mich energisch vom Barhocker. Fest entschlossen einen guten Eindruck zu machen ging ich freudestrahlend, mit ausgestreckter Hand, auf ihn zu.


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Die Koryphäe erfasste mich mit scharfem Blick und wies mich an „umgehend einen Kaffee – nur ein klein wenig Milch, dafür umso mehr Gefühl“ zuzubereiten. Noch bevor ich reagieren konnte quatschte er einfach weiter. Er erzählte mir, dass er schon den ganzen Tag von Interview zu Interview raste. Aber ihm höre ja eh keiner zu, „die Werbefutzis schreiben doch eh nur was sie wollen“…

Erneut setzte ich an mich vorzustellen. Erfolglos. Er quatschte einfach weiter. Und ich stand noch immer da: Ratlos, ob ich mich nun abwenden und Kaffee holen oder einfach weiter aufmerksam zuhören oder doch forsch unterbrechen sollte. Gefühlte endlose Minuten vergingen, bis die Bekannte meiner Chefin – sie betreute den Standdienst – mit zwei Kaffee auftauchte. Er hielt kurz inne. Ihm dämmerte wohl bereits, dass er mich verwechselt hatte. Minimal schmunzelnd stellte sie die Kaffeetassen ab, zwinkerte mir zu und verschwand wortlos.

„Es freut mich sehr, dass Sie etwas Ihrer kostbaren Zeit aufbringen können, sich von mir interviewen zu lassen. In Anbetracht Ihres straffen Terminkalenders schlage ich vor, wir beginnen gleich damit“, durchbrach meine Stimme die Stille. Das folgende Interview lief reibungslos. Zum Abschied lud er mich noch für denselben Abend in sein Hotel ein. Ich antwortete: „Sehr gerne, meine Kollegen und ich werden um 20 Uhr in der Lobby sein. Ich freue mich!“ Keine Ahnung weshalb, aber der Abend war sehr wortkarg.


Die Autorin auf Instagram: @kimberly_freya