„The Zone of Interest“ ist ein filmisches Mahnmal für die Geschichte der Deutschen
Der jüngst mit dem Oscar für den besten ausländischen Film ausgezeichneten „The Zone of Interest“ vom britischen Regisseur Jonathan Glazer verfolgt bei der Umsetzung einen komplett anderen Ansatz als jeder andere Film über das 3. Reich. Und wirft einen verstörenden Blick in die deutsche Seele.
Weitere Reviews:
Der Film folgt dem Leben der Familie Höß, die ihr Anwesen ab 1940 direkt neben dem Konzentrationslager Ausschwitz hatten. Der für den größten Zeitraum für Auschwitz verantwortliche Lagerkommandant Rudolf Höß (Christian Friedel) geht jeden Morgen zur Arbeit. Hedwig Höß (Sandra Hüller) kümmert sich um die Kinder und den Garten. Die Kameras folgen den Charakteren dabei auf Schritt und Tritt und zeigen die Gleichgültigkeit, den Opportunismus und die Perversion der Familie Höß, die stellvertretend für ganz Deutschland zu verstehen ist.
Während Familie Höß ein idyllisches Leben führt, wurden nebenan im KZ Ausschwitz zwischen 1,1 und 1,5 Millionen Menschen – zum größten Teil Jüdinnen und Juden –ermordet. Die Besonderheit des an Originalplätzen gedreht Films ist es, die Morde nicht zu zeigen, sondern das Grauen komplett über den Sound zu transportieren. Während Hedwig Höß zum Beispiel ihrer Mutter ihre neu gepflanzten Blumen zeigt, hört man im Hintergrund Schreie und Schüsse. Dies erzeugt ein permanent unbehagliches, zermürbendes Gefühl. Die Grausamkeiten finden im Kopf statt und fassungslos folgt man dem Leben der Familie.
„The Zone of Interest“ ist keine autobiographische Abhandlung der Familie Höß. Stattdessen bekommt man ein Gefühl dafür, wie das schlimmste Verbrechen der deutschen Geschichte stattfinden konnte. Es wird gezeigt, wie deutsche Firmen wie Siemens oder Daimler in den Holocaust involviert waren oder vom ihm profitiert haben. Wie auch Privatpersonen wussten, was geschieht und weggeschaut haben. Der Film mahnt außerdem eindrücklich, dass diese Ereignisse niemals vergessen werden dürfen und die Ermordung von über sechs Millionen Jüdinnen und Juden für immer mit Deutschland verbunden sein wird.
„The Zone of Interest“ ist unangenehm, regt zum Nachdenken an und demoralisiert. Nach dem Film stellt man sich unweigerlich die Frage: Haben sich die Menschen in diesem Land wirklich geändert? Denn in gewisser Weise ist jede einzelne Szene, jede Person und jeder Dialog des Films sehr, sehr deutsch. Seit dem 29. Februar 2024 ist der Film im Kino zu sehen.
Text: Kai Möller | Bilder: A24/Leonine
Einen Kommentar hinterlassen